Die bipolare Störung oder bipolare affektive Störung ist eine psychische Erkrankung, die auch als manisch-depressive Störung bezeichnet wird. Es handelt sich um eine Störung mit starker Stimmungsschwankung zwischen der Manie (starke Euphorie) und der Depression. Während der Erkrankung kann das ganze Spektrum von Stimmung und Antrieb vorkommen. Die bipolare Störung ist nicht so selten, sie tritt wahrscheinlich bei etwa fünf Prozent der Deutschen auf. Frauen und Männer sind ähnlich oft betroffen. Am häufigsten tritt die Störung zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auf. Die Behandlung der bipolaren Störung geschieht hauptsächlich mit Medikamenten und mit psychotherapeutischen Methoden. Eine Fortführung der Therapie mit Medikamenten ist oft dauerhaft notwendig.
Die bipolare Störung entsteht aus einem Zusammenspiel aus Vererbung und äußeren Bedingungen. Die Veranlagung ist auf mehrere Gene verteilt. Oft ist der äußere Auslöser ein einschneidendes Lebensereignis wie ein Todesfall einer Bezugsperson. Bei Patienten mit bipolarer (manisch-depressiver) Störung bestehen Abweichungen im Stoffwechsel des Gehirns und somit ein Ungleichgewicht an Botenstoffen. Deshalb können auch Medikamente, Drogen, Alkohol sowie hormonelle Störungen oder Erkrankungen wie Parkinson die Ursache für eine bipolare Störung sein.
Auffällig bei einer bipolaren Störung ist die starke Schwankung der Stimmung und des Antriebs. Zeitweise haben die Betroffenen eine äußerst gute Stimmung mit abnorm gesteigerter Aktivität (Manie). Zu anderen Zeiten ist die Stimmungslage aber sehr getrübt und die Betroffenen haben fast keinen Eigenantrieb (Depression). Dazwischen liegen Zeiten im Übergang dieser Phasen. Eine leichte Verschiebung in Richtung Manie wird Hypomanie genannt.
Während der Phase der Manie ist der Patient fast übermäßig fröhlich und sehr aktiv. Vielfach begeht er risikobehaftete oder aufsehenerregende Handlungen ohne starke Hemmungen. Sie tätigen unüberlegte Einkäufe, machen spontane Ausflüge, reden sehr viel, und zwar laut und schnell. Meist haben Betroffene nicht die Einsicht, dass sie sich nicht mehr normal verhalten. Sie überschätzen sich oft. In manchen Fällen kommt es zu einem Wahn. Ist die Wahnphase langsam vorbei, zeigen sich häufig die negativen Auswirkungen: finanzielle Verluste, Kündigung der Arbeit oder Abkehr von Freunden. Das belastet den Betroffenen, und er bereut sein Handeln.
In der Phase der Depression hat der Patient eine sehr gedrückte Stimmung und keine Motivation, etwas zu unternehmen. Er spricht kaum, mit schwacher Stimme und langsam. Es besteht ein Müdigkeitsgefühl, die körperlichen und geistigen Leistungen nehmen stark ab. Durch Appetitlosigkeit kann es zum Gewichtsverlust kommen. Die Niedergeschlagenheit kann so ausgeprägt sein, dass an Selbstmord gedacht wird.
Die affektive Störung ist dann bipolar, wenn es bei dem Betroffenen zu manischen und depressiven Episoden kommt. Zwischendurch können Stimmung und Antrieb normal sein. Manchmal gibt es gemischte Episoden mit gleichzeitiger Manie und Depression. Die Phasen wechseln sich mitunter rasch ab. Meist dauern die Phasen aber eher länger (Wochen bis Monate).
Zur Diagnose erfolgt ein Untersuchungsgespräch (Anamnese), an dem Arzt, Patient und oft auch Angehörige beteiligt sind. Der Arzt bringt die Symptome und deren Verlauf, die Vorgeschichte des Patienten, die Lebensumstände und mögliche Ursachen in Erfahrung. Ein Alkohol- oder Drogenkonsum muss mitgeteilt werden.
Eine genaue Erfassung der wichtigen Aspekte ist mit Fragebögen möglich. Die Schwierigkeit der Diagnose der bipolaren Störung besteht darin, dass oft nur die jeweils aktuelle der Phasen (Depression oder Manie) registriert wird. Weiterhin müssen meist körperliche Untersuchungen erfolgen. Neben der einfachen ärztlichen Grunduntersuchung der Organe und des Nervensystems werden oft eine Blutuntersuchung, ein EEG (Elektroenzephalographie, Messung der Hirnströme) oder bildgebende Verfahren vorgenommen.
Andere psychische Störungen müssen von der bipolaren Erkrankung abgegrenzt werden, insbesondere eine unipolare Störung (bloße Manie oder bloße Depression). Ebenso kann die bipolare Störung den Symptomen einer Schizophrenie ähneln. Auch ausgeschlossen werden müssen organische Erkrankungen mit Symptomen der Manie oder Depression wie hormonelle Störungen, Substanzmissbrauch, Nervenkrankheiten.
Die bipolare (manisch-depressive) Störung kann nicht ursächlich therapiert werden, doch die Symptome können vermindert werden. Eine Akutbehandlung geschieht erst einmal in Abhängigkeit davon, ob gerade eine Manie, eine Depression oder eine Zwischenstufe vorliegt.
Bei einer manischen Phase muss meist eine Behandlung in der Klinik erfolgen, denn die Betroffenen haben in der Regel keine Krankheitseinsicht. Deshalb kann manchmal sogar eine Einweisung auf richterlichen Beschluss hin erforderlich sein. Die Manie wird mit Medikamenten wie Neuroleptika, Lithium oder Valproinsäure behandelt.
In der depressiven Episode werden oftmals ebenfalls Medikamente gegeben (Antidepressiva). Gleichermaßen ist eine Psychotherapie sinnvoll beispielsweise als Gesprächstherapie. Während der Phase der Depression kann eine Anordnung zur Einweisung ebenfalls notwendig werden, um der Gefahr des Selbstmordes entgegenzusteuern. Weitere Maßnahmen, die bei Depressionen möglich sind, sind die Lichttherapie und der Schlafentzug.
Auf lange Sicht wird eine Behandlung (Erhaltungstherapie) durchgeführt, um dem Patienten psychische Stabilität zu geben. Medikamente wie Lithium kommen ebenso zum Einsatz wie psychotherapeutische Methoden wie die Verhaltenstherapie. Auf Dauer genügt dann oft die Gabe von Medikamenten, die einen erneuten Ausbruch der Auffälligkeiten verhindern. Der Patient darf sie daher nicht eigenmächtig absetzen.
Je eher eine bipolare Störung entdeckt und behandelt wird, desto besser sind die Erfolgsaussichten. Die akuten Symptome (Manie, Depression) können meist zufriedenstellend behandelt werden. Der Patient kann das Alltagsleben wieder besser meistern. Die medikamentöse Behandlung muss in der Regel dauerhaft fortgesetzt werden. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die Behandlung nicht richtig anschlägt und es zu Folgeproblemen kommt.
Letzte Aktualisierung am 01.06.2021.