Die Epilepsie ist ein Anfallsleiden, bei dem es kurzzeitig zu Erscheinungen wie Krämpfen oder Bewusstseinstrübungen kommt. Nervenzellen im Gehirn senden auf einmal gleichzeitig Impulse aus. Die Epilepsie kann verschiedene Erscheinungsformen haben, Fachleute unterscheiden 20 oder mehr Varianten der epileptischen Anfälle. Die einzelnen Anfälle dauern Sekunden bis Minuten. Epilepsie ist eine verhältnismäßig häufige neurologische (nervliche) Erkrankung. Bei bis zu einem von zehn Deutschen findet im Laufe des Lebens mindestens ein epileptischer Anfall statt. Bei vielen bleibt der Anfall ein einmaliges Ereignis, während andere Menschen immer wiederkehrende Epilepsie-Attacken haben. Streng genommen wird erst von einer Epilepsie gesprochen, wenn es mindestens zwei Anfälle innerhalb eines Jahres gab. In diesem Fall ist eine Untersuchung beim Facharzt dringend anzuraten. Die chronisch-wiederkehrende Epilepsie lässt sich oft mit Medikamenten in Schach halten. Manchmal ist aber auch eine andere Krankheit die Ursache für die Epilepsie. Dann muss diese Krankheit behandelt werden, woraufhin meist auch die Anfälle ausbleiben.
Bei einer Epilepsie kommt es zur gleichzeitigen plötzlichen Aktivität in vielen Nervenzellen im Gehirn. Epilepsie kann entweder durch eine andere körperliche Erkrankung ausgelöst werden, oder ohne eine solche Ursache entstehen.
Besteht keine weitere ursächliche Erkrankung, so bezeichnen Mediziner dies als idiopathische Epilepsie. Die Ursache dafür ist größtenteils unklar, die Tendenz dazu wird wahrscheinlich in vielen Fällen vererbt. Im Gehirn kommt es zu Änderungen an bestimmten Komponenten der Nervenzellen. So besteht ein gewisses Risiko, dass sich ein ganzer Gehirnbereich plötzlich wie aus dem Nichts aktiviert und es zum Anfall kommt. Im medizinischen Alltag lässt sich bei einem großen Teil der Epilepsie-Patienten keine Ursache finden (so genannte kryptogene Epilepsie).
Verschiedene Auslöser können zum Auftreten eines epileptischen Anfalls führen. Dies gilt auch für einmalige epileptische Anfälle, ohne dass definitionsgemäß die Erkrankung Epilepsie vorliegt. Solche Faktoren können sein:
Wenn andere Krankheiten die Epilepsie bedingen, so handelt es sich um eine sekundäre oder symptomatische Epilepsie. In der Regel liegt die ursächliche Erkrankung oder Störung im Gehirn. Zu den Störungen, die zu einer Epilepsie führen können, gehören:
Die Symptome können bei epileptischen Anfällen recht unterschiedlich aussehen. Allgemein kann es zu Krampfanfällen, Ausfällen, Bewegungen, Bewusstseinsaussetzern, falschen Sinneswahrnehmungen oder einer Kombination aus mehreren dieser Symptome kommen. Wie sich die Epilepsie äußert, hängt von den betroffenen Hirnregionen ab. Ein Anfall dauert in der Regel wenige Sekunden bis einige Minuten.
Grundsätzlich können epileptische Anfälle in fokale (auf einen Körperabschnitt begrenzte) und generalisierte (den ganzen Körper betreffende) Ereignisse unterteilt werden. Fokale können bei Erregung weiterer Gehirnzellen in generalisierte Anfälle übergehen.
Fokale Anfälle kommen durch Aktivitäten in einem Teil des Gehirns zustande. Sie äußern sich deshalb als begrenzte Geschehnisse und können als teilweise Anfälle oder Herdanfälle bezeichnet werden. Die Symptomatik ist unterschiedlich und kann je nach der Gehirnregion bestimmte Funktionen betreffen:
Innerhalb der fokalen Anfälle können wiederum einfache fokale Anfälle (ohne Bewusstseinstrübung) und komplexe fokale Anfälle (mit Bewusstseinseinschränkung) sowie solche mit Übergang zu generalisierten Anfällen unterschieden werden.
Generalisierte Anfälle sind in der Regel von einer Epilepsie beider Körperhälften gekennzeichnet. Neben den oben genannten Symptomen, wie sie auch bei fokalen Anfällen vorkommen, können bei generalisiertem Geschehen Begleiterscheinungen auftreten. So sind Symptome wie Schweißausbrüche, Speichelfluss, Blutdrucksteigerung, erstarrte Pupillen, Harn- und Stuhlabgang bis hin zu Herzrasen und Atemstillständen möglich.
Häufige Arten von generalisierter Epilepsie sind unter anderem:
Sowohl von den fokalen als auch von den generalisierten Anfällen gibt es viele verschiedene weitere Arten mit relativ spezifischen Symptomen. Einige Anfälle lassen sich gar nicht richtig einordnen. Bei besonders lange andauernden Anfällen wird von einem Status epilepticus gesprochen.
Bei epileptischen Anfällen kann es zu teils sehr schweren Komplikationen kommen. Durch die Muskelzuckungen und Krämpfe können Schäden hervorgerufen werden, beispielsweise Bisswunden (Zunge), weitere Wunden oder sogar Brüche von Wirbelknochen. Durch einen Sturz kann es zu Verletzungen kommen. Besonders schwerwiegend sind Stürze aus größerer Höhe, Verkehrsunfälle oder Anfälle im Wasser, bei denen die Gefahr des Ertrinkens besteht. Psychische Folgeerscheinungen einer Epilepsie können Depressionen und Ängste sein.
Der Arzt führt zunächst eine Befragung des Patienten (Anamnese) durch. Er erkundigt sich nach Symptomen und möglichen Vorerkrankungen sowie danach, ob in der Familie bereits Epilepsie-Fälle aufgetreten sind. Es kann sinnvoll sein, Außenstehende beziehungsweise Angehörige zu befragen, die Anfälle des Betroffenen mitbekommen haben. Anfälle sollten möglichst genau beschrieben werden, auch die Dauer ist zur Diagnose wichtig. Eine einfache körperliche Untersuchung wird durchgeführt, insbesondere die neurologische (nervenheilkundliche) Untersuchung.
In der Regel muss eine Untersuchung an Apparaten erfolgen. Sinnvoll ist die Messung der Hirnströme (EEG, Elektroenzephalographie). Dort zeigen sich bei Anfällen typische Hirnstromkurven. Oftmals wird zur Diagnostik auch eine Kernspintomographie (MRT, Magnetresonanztomographie) oder eine Computertomographie durchgeführt. Dem Patienten wird Blut abgenommen. Bisweilen kann es erforderlich sein, die Flüssigkeit um Gehirn und Rückenmark zu untersuchen (Liquorpunktion).
Beim Verdacht auf Epilepsie müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, die zu ähnlichen Anfällen oder kurzzeitigem Bewusstseinsverlust führen können. Verkrampfungen können beispielsweise bei Stoffwechselabweichungen oder bei psychischen Störungen auftreten. Außerdem muss in Erfahrung gebracht werden, ob eine körperliche Krankheit eine Epilepsie verursacht.
Die Akutbehandlung eines epileptischen Anfalls besteht in Maßnahmen zum Schutz des Betroffenen und gegebenenfalls der Gabe von Medikamenten. Nach beziehungsweise zwischen den Anfällen erfolgt die Therapie, um ein erneutes Auftreten möglichst zu verhindern. Auch hierzu sind oft Medikamente sinnvoll sowie die Vermeidung von Umständen, die das Risiko eines Anfalls erhöhen.
Wenn andere Krankheiten die Epilepsie verursachen, so müssen sie entsprechend therapiert werden. Beispielsweise wird eine Gehirnentzündung behandelt oder ein Gehirntumor meist herausoperiert.
Tritt ein epileptischer Anfall gerade in Erscheinung, so können Außenstehende dafür sorgen, dass die Gefahr für den Betroffenen reduziert wird. Umgehend sollte ein Notarzt gerufen werden (es sei denn, die Epilepsie ist beim Patienten bekannt und Gegenmittel vorhanden). Ein etwaiger Sturz sollte abgefangen werden. Gefährdende Gegenstände in der Umgebung sollten entfernt werden (harte oder scharfe Kanten). Der Betroffene sollte aber nicht festgehalten werden, außer wenn dies für dessen Sicherheit absolut notwendig ist. Bei länger andauerndem Anfall oder bei Verletzungen sollte in jedem Fall der Notarzt verständigt werden. Nach dem Anfall sollte der Betroffene auf der Seite gelagert werden.
Der Arzt kann Medikamente spritzen, um den Anfall zu durchbrechen (Antikonvulsiva, z. B. Clonazepam). Manche Patienten führen sogar ein Medikament bei sich, damit im akuten Fall eines zur Verfügung steht. Patienten mit Grand-mal-Anfällen werden in eine Klinik gebracht und erst einmal auf der Intensivstation behandelt. Dort werden wichtige Körperfunktionen überwacht und, wenn nötig, behandelt.
Eine Dauerbehandlung von Epileptikern geschieht ebenfalls mit Arzneimitteln. Um einem Anfall vorzubeugen, werden Medikamente wie Carbamazepin, Valproat, Primidon oder Phenobarbital gegeben. Die Mittel werden als Antikonvulsiva (Wirkstoffe gegen Anfälle) bezeichnet. Welches Arzneimittel genau gegeben werden und ob eventuell eine Kombination erforderlich ist, richtet sich nach der Art der Epilepsie. Die Dosierung ist ebenfalls von Patient zu Patient unterschiedlich. Oft wird die Dosis in einer Klinik eingestellt. Nach drei bis fünf Jahren ist es unter bestimmten Umständen (keine Anfälle mehr, keine Anzeichen mehr von Epilepsie im EEG) möglich, die Medikamente abzusetzen.
Bei fokaler (örtlich begrenzter) Epilepsie, die sich mit Medikamenten nicht verhindern lässt, kann sogar eine Operation angezeigt sein. Dabei wird das betroffene Hirngewebe entfernt, falls dies möglich ist. Eine weitere Möglichkeit der Epilepsiebehandlung, die bisher nicht routinemäßig geschieht, ist die Einpflanzung eines Nervenschrittmachers.
Außerdem können einfache Maßnahmen getroffen werden, um die Gefahren durch epileptische Anfälle gering zu halten. Beispielsweise kann der Patient einen Epilepsiehelm tragen, um etwaige Stürze abzupuffern. Um Anfälle zu verhindern, ist ein geregelter Tagesablauf mit gleichbleibenden Schlafzeiten sinnvoll. Situationen, die einen Anfall provozieren könnten (wie flackerndes Licht), sollten gemieden werden. Des Weiteren muss bei der Berufswahl darauf geachtet werden, dass sich aufgrund des Krankheitsbildes keine erhöhte Gefahr ergibt. Um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten, dürfen viele Epileptiker nicht Auto fahren. Bezüglich des Führerscheins gibt es Auflagen, die von Menschen nach epileptischen Anfällen erfüllt werden müssen (längere Anfallsfreiheit). Dies ist im Einzelnen unterschiedlich.
Epileptische Anfälle bleiben bei einem Teil der Patienten einmalig. Andere Betroffene haben die chronische Epilepsie, bei der es immer wieder zu Anfällen kommen kann. Komplikationen durch Anfälle können gefährlich für den Epileptiker werden. Mit geeigneten Arzneimitteln, die gewissenhaft eingenommen werden, lassen sich bei über 50 Prozent der Patienten mit dem chronischen Krankheitsbild der Epilepsie die Anfälle verhindern. Bei weiteren Patienten sinkt zumindest die Häufigkeit und Schwere der Anfälle. Zu 10 bis 20 Prozent lässt sich aber auch mit Medikamenten keine Verringerung der Anfälle erreichen. Gegebenenfalls kann eine Operation notwendig werden. Viele Betroffene können ein weitgehend normales Leben führen. Bei manchen führt die Erkrankung aber auch zu erheblichen Einschränkungen und Nachteilen.
Letzte Aktualisierung am 04.06.2021.