Um psychische Störungen zu behandeln, können Medikamente eingesetzt werden. Medikamente mit Auswirkungen auf die Seele werden Psychopharmaka genannt. Sie können Aspekte wie die Gefühle, die Wahrnehmung, das Denken, das Verhalten und den Antrieb beeinflussen.
Die Möglichkeiten der medikamentösen Therapie in der Psychiatrie sind groß. Es gibt eine Fülle verschiedener Psychopharmaka auf dem Markt. Viele der Medikamente sind sehr wichtig in der Behandlung psychischer Störungen und zeichnen sich durch eine gute Wirksamkeit aus. Die Arzneimittel müssen jedoch immer wieder erhebliche Kritik einstecken. Sie können Nebenwirkungen herbeiführen, und Gegner bemängeln einen Einfluss auf die Persönlichkeit. Manche Psychopharmaka können abhängig machen.
Medikamente können bei verschiedenen psychischen Störungen verabreicht werden. Bestimmte Arten von Medikamenten eignen sich unter anderem für die Behandlung von Ängsten, Depressionen, Bipolarer Störung (Manisch-depressive Erkrankung), Psychosen (psychische Erkrankungen mit gestörter Wahrnehmung, Halluzinationen oder Wahnvorstellungen) und Schizophrenie (Erkrankung mit zeitweise veränderter Realitätswahrnehmung). Die Medikamente dienen selbst zur Verbesserung der Störung sowie auch dazu, eine Behandlung mit anderen Mitteln (vornehmlich Psychotherapie) zu erleichtern.
Psychische Störungen können mit Medikamenten beeinflusst werden, die eine Wirkung auf das Gehirn haben (Psychopharmaka).
Psychopharmaka lassen sich grob in drei Gruppen unterteilen:
Einige Medikamente mit Wirkung auf die Psyche lassen sich jedoch nicht ohne weiteres in dieses Schema einordnen.
Neuroleptika (heutzutage auch Antipsychotika genannt) sind Arzneimittel, die gewissermaßen eine durcheinander geratene Psyche wieder aufräumen. Neuroleptika werden deshalb hauptsächlich zur Therapie von Krankheiten eingesetzt, die mit Wahrnehmungsstörungen, veränderter Realität, Halluzinationen und Wahn einhergehen (Psychosen).
Eine andere Wirkung der Neuroleptika ist eine Beruhigung (Sedierung).
Neuroleptika lassen sich weiter unterteilen in typische (herkömmliche) und atypische (neuere) Neuroleptika. Die atypischen Mittel (Atypika) haben im Durchschnitt geringere Nebenwirkungen, vor allem fällt die Störung der Bewegungen bei ihnen weg, es kann aber zu anderen Auswirkungen wie einer heftigen Zunahme an Körpergewicht kommen.
Zudem werden Neuroleptika von kurzer und langer Wirkdauer und von niedriger und hoher Wirksamkeit unterschieden.
Beispiele für Neuroleptika sind die Wirkstoffe
Antidepressiva wirken einer depressiven Stimmung entgegen. Sie heben die psychische Verfassung und vermindern Ängste. Neben Depressionen sind deshalb Neurosen (vor allem Angststörungen, Zwangsstörungen) mit Antidepressiva behandelbar. Ein Teil der Antidepressiva wirkt zusätzlich beruhigend, andere Antidepressiva wirken wiederum antriebssteigernd.
Der Arzt wählt anhand des Krankheitsbildes ein passendes Medikament aus. Er muss bedenken, dass eine eventuelle Antriebssteigerung früher als die eigentliche antidepressive Wirkung auftritt. Um Schwierigkeiten wie eine Selbstmordgefährdung zu umgehen, werden anfangs oft gleichzeitig zu Antidepressiva Beruhigungsmittel gegeben.
Auch die Antidepressiva lassen sich weiter unterteilen. Die wichtigsten Grundformen sind die trizyklischen und tetrazyklischen Antidepressiva, die SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) und die MAO-Hemmer (Monoaminooxidase-Hemmer). Die Trizyklika und die nur noch selten eingesetzten Tetrazyklika zeichnen sich durch eine hohe Wirksamkeit aus.
Es dauert allerdings mehrere Wochen, bis die Mittel anschlagen. Die SSRI sind modernere Arzneimittel. SSRI haben meist deutlich weniger Nebenwirkungen, aber auch einen geringeren Wirkungsgrad als die klassischen Antidepressiva. MAO-Hemmer werden verabreicht, wenn andere Antidepressiva keinen Erfolg bringen. Nebenwirkungen sind bei den MAO-Hemmern verhältnismäßig oft zu erwarten.
Wichtige Antidepressiva sind
Beruhigungsmittel werden ebenfalls Tranquilizer oder Sedativa genannt. Es sind Mittel mit entspannender bis schlafanstoßender Wirkung, die auch Ängste vermindern können. Sie werden zur Beruhigung bei Angst und psychischer Anspannung unterschiedlicher Ursache verwendet. Die Wirkung tritt bei den meisten Beruhigungsmitteln rasch ein.
Die wichtigsten Tranquilizer sind die Benzodiazepine. Zu dieser Stoffgruppe gehören Arzneimittel wie
Zopiclon ist ein Beruhigungsmittel, das auf ähnliche Weise wie die Benzodiazepine wirkt, aber einen anderen Aufbau hat.
Für bestimmte Zwecke können weitere Medikamente eingesetzt werden, die keiner der beschriebenen Gruppen angehören.
Lithium ist ein chemisches Element, das bei Manie beziehungsweise der bipolaren (manisch-depressiven) Störung eingesetzt werden kann. Die Wirkung tritt erst nach Monaten ein. Wegen möglicher Nebenwirkungen muss die Dosis genau eingestellt werden.
Bei manchen Erkrankungen können Stimulanzien verwendet werden, also Medikamente zur Antriebssteigerung. Ein Beispiel ist das Methylphenidat, welches unter anderem bei Depressionen, aber paradoxerweise auch bei ADHS (Hyperaktivität, Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) gegeben werden kann. Zu den Stimulanzien („Aufputschmitteln") zählen ferner auch Koffein, Nikotin sowie Drogen wie Kokain oder Ecstasy.
Verschiedene pflanzliche Medikamente (Phytopharmaka) mit Wirkung auf die Psyche finden eine breite Anwendung. So hilft beispielsweise Johanniskraut gegen Depressionen und Baldrian gegen Stress und Schlafstörungen. Zu beachten ist, dass viele Präparate eine passable Wirkung haben, aber auch zu Nebenwirkungen führen können.
Im noch weiteren Sinne können alle Substanzen zu den Psychopharmaka gezählt werden, die eine Auswirkung auf das Gehirn beziehungsweise die Seele haben. Dazu gehören beispielsweise verschiedenste Drogen.
Die medikamentöse Therapie ist häufig ein Bestandteil einer Gesamtbehandlung von psychischen Störungen. Psychopharmaka und Psychotherapie werden beispielsweise oft parallel angewendet, um einen besseren Behandlungserfolg zu erzielen.
Vor der Gabe eines Medikaments muss der Arzt sorgfältig überdenken, ob der Einsatz des Mittels gerechtfertigt ist. Manchmal können stattdessen andere Therapieformen (Psychotherapie) ebenso erfolgreich angewendet werden, haben aber weniger mögliche Nebenwirkungen.
Die Medikamente können je nach Präparat in verschiedenen Formen verabreicht werden. Sie können als Tabletten oder als Tropfen eingenommen werden, einige Psychopharmaka können über eine Spritze gegeben werden.
Je nach dem Mittel erfolgt die Gabe mehrmals täglich oder täglich. Langzeitmedikamente werden meist in größerem Abstand von Tagen bis Wochen verabreicht.
Wie alle Medikamente können Psychopharmaka zu Nebenwirkungen führen. Die möglichen Nebenwirkungen sind von Stoffgruppe zu Stoffgruppe unterschiedlich und weichen auch bei den Einzelmedikamenten voneinander ab. Vielfach können unspezifische Effekte auftreten wie Müdigkeit, Nervosität, Übelkeit, Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen oder diverse weitere Beschwerden.
Viele Neuroleptika können zu Bewegungsstörungen, unwillkürlichen Bewegungen oder Ruhelosigkeit führen. Die Nebenwirkungen der einzelnen Psychopharmaka können hier nicht im Einzelnen aufgelistet werden und sind in der Packungsbeilage nachzulesen.
Verschiedene Psychopharmaka können zu einer Abhängigkeit führen. Das gilt besonders für Benzodiazepine (sowie für Drogen), jedoch können auch bei Antidepressiva Entzugserscheinungen auftreten.
Weitere Kritikpunkte aus ethischer Sicht betreffen die Persönlichkeitsveränderung, zu der es bei einigen Psychopharmaka kommen kann, und die Möglichkeit der „Ruhigstellung" von Patienten.
Unter den richtigen Voraussetzungen ist eine medikamentöse Therapie eine sinnvolle und häufig auch notwendige Maßnahme, um psychische Störungen zu behandeln. Bei vielen Medikamenten ist die Wirksamkeit aus wissenschaftlicher Sicht belegt. Sie können zudem eine bessere Wirkung anderer Behandlungen wie einer Psychotherapie herbeiführen. Die Integration des Patienten in die soziale Gesellschaft kann verbessert werden. Die Erfolgsaussichten sind besser, wenn der Patient eine gewisse Therapiemotivation mitbringt.
Der Patient muss beachten, dass Psychopharmaka meist die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Die Reaktionen unter Medikamenteneinfluss können schlechter werden und die Wahrnehmung kann verändert werden. Unter Einfluss eines neuen Arzneimittels sollte daher kein Auto gesteuert werden. Bei längerer Einnahme ist vorher der Arzt zu befragen, ob der Patient ein Fahrzeug führen darf.
Das Medikament muss gewissenhaft eingenommen werden in der Dosis und Häufigkeit, die der Arzt angeordnet hat. Vor allem darf das jeweilige Mittel nicht eigenmächtig abgesetzt werden oder ohne vorherige ärztliche Absprache eingenommen werden.
Letzte Aktualisierung am 20.05.2021.