Forscher der Cardiff University nutzen das Prinzip des Neurofeedback, um Patienten mit Depressionen zu helfen. Beim Neurofeedback werden die Gehirnstromkurven von einem Computer in Echtzeit analysiert und dargestellt. So wird dem Patienten der eigene Bewusstseinszustand visuell sichtbar gemacht. Durch diese Rückmeldung des eigenen Hirnstrommusters kann ein Lernprozess angestoßen werden, der dem Patienten ermöglicht, seine Gehirnaktivität besser zu kontrollieren.
In der Studie der Universität Cardiff wurden acht Teilnehmern mit einer Depression positive, negative und neutrale Bilder gezeigt, sodass sie mithilfe der Echtzeit-Kernspintomografie visuell sofort nachvollziehen konnten, wie ihr Gehirn auf positive Bilder und Gefühle reagiert. Eine Kontrollgruppe mit ebenfalls acht Teilnehmern arbeitete auch mit positiven, neutralen und negativen Bildern – allerdings außerhalb des Kernspintomografen. Ihre „Gehirnbilder“ bekamen sie somit nicht zu sehen.
Die Teilnehmer der ersten Gruppe wurden im nächsten Schritt aufgefordert, den Teil ihres Gehirns, der auf die „guten“ Bilder reagiert hatte, selbst durch positive Bilder und Emotionen gezielt zu stimulieren. Dabei konnten die Probanden in Echtzeit per Kernspintomografie nachvollziehen, wie gut ihnen die Gehirnkontrolle gelang. Das Training, die eigenen Gehirnwellen zu beeinflussen, erfordert Konzentration, wird aber mit zunehmendem Üben einfacher. Alle acht Teilnehmer waren dazu in der Lage. In dieser ersten Gruppe waren bereits nach vier Sitzungen Verbesserungen der Depression zu vermelden. In der zweiten Gruppe, der die Visualisierung ihrer Gehirnareale fehlte und die sich lediglich auf positive Bilder konzentrierte, blieb das Befinden unverändert.
Die ersten Ergebnisse der Cardiff-Studie sind erfolgversprechend. Allerdings steckt die Erforschung inwieweit Depression durch Gehirntraining beeinflusst werden kann, noch ganz in den Anfängen. Weitere umfangreichere Studien werden nötig sein, um herauszufinden, wie wirkungsvoll die Methode ist und wie dauerhaft die Erfolge.
Rund ein Fünftel aller Menschen entwickelt im Laufe eines Lebens einmal eine Depression und bei einem Drittel sprechen die konventionellen Behandlungsmethoden nicht an. Das Gehirntraining könnte neben einer medikamentösen Behandlung und der Psychotherapie eine wirkungsvolle Ergänzung darstellen.
Dass der Patient mithilfe dieser Technik die Erfahrung macht, dass er selbst aktiv seine Gehirnaktivität kontrollieren kann, seiner Depression nicht vollkommen hilflos ausgeliefert ist, könnte ein ebenfalls wichtiger Schritt im Heilungsprozess sein.
Quelle: David E. J. Linden u.a.: Real-Time Self-Regulation of Emotion Networks in Patients with Depression: http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0038115
aktualisiert am 14.07.2015