Das hyperkinetische Syndrom ist besser bekannt unter den Abkürzungen ADHS oder ADS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung). Der Name Hyperaktivität ist sehr verbreitet, aber inzwischen veraltet. Bei Kindern ist die hyperkinetische Störung häufig, bei bis zu zehn Prozent können Anzeichen für ADHS festgestellt werden. Typische Symptome sind ein starker Aktivitätsdrang, ständige Unruhe und eine herabgesetzte Konzentrationsfähigkeit. Bei Knaben ist das Krankheitsbild häufiger als bei Mädchen. Betroffene Kinder genießen eine normale körperliche und intellektuelle Entwicklung, doch die psychische Reife steht etwas zurück. ADHS kann zu Nachteilen im sozialen, schulischen und beruflichen Bereich führen.
Ein hyperkinetisches Syndrom wird durch eine Störung der Signalübertragung im Gehirn verursacht. Bestimmte Botenstoffe können an den Schnittstellen der Nervenzellen (Synapsen) nicht ausreichend die Impulse weitergeben. Vor allem ist es in den Gehirnanteilen der Fall, die für Wahrnehmung und Informationsverarbeitung verantwortlich sind.
Oft spielt die Vererbung eine Rolle, aber nicht alle Kinder mit den entsprechenden Genen entwickeln die hyperkinetische Störung. Verschiedene Einflüsse können die Entwicklung der ADHS begünstigen. Wenn die Mutter in der Schwangerschaft raucht, Alkohol trinkt oder zu viel Stress hat, kann ADHS gefördert werden. Ebenso kann dies bei Sauerstoffmangel unter der Geburt oder bei Lebensmittelunverträglichkeiten der Fall sein. Einen Einfluss hat auch das Umfeld des Kindes: ein ungünstiges Verhalten der Eltern, Gefühlskälte, zu kleine Wohnung, Lärm, Stress und Mangel an Bewegung begünstigen die Entwicklung von ADHS.
ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) ist eine typische Erkrankung von Kindern, schon Säuglinge können die Störung bekommen. Größtenteils tritt ADHS vor dem sechsten Lebensjahr auf. Sie kann lange bestehen, teils bis in das Erwachsenenalter.
Kinder mit ADHS können sich kaum konzentrieren, sind leicht ablenkbar und haben Probleme mit der Aufmerksamkeit und Wahrnehmung. Das Gedächtnis ist herabgesetzt, wobei die Intelligenz normal ist. Der Eigenantrieb ist oft gesteigert und das Verhalten scheint sprunghaft und nicht vorhersehbar.
Drei Formen von ADHS können unterschieden werden. Die Betroffenen sind entweder eher hyperaktiv, oder haben eher eine Aufmerksamkeitsschwäche, oder es herrscht eine Mischform vor.
Ein hyperkinetisches Syndrom kann Folgen haben wie Übellaunigkeit, Unbeherrschtheit, Aggression oder Depression. Das Selbstwertgefühl kann vermindert sein, Ängste treten auf. Die Störung führt zu Problemen in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Die schulischen Leistungen werden beeinträchtigt.
Die Symptome hängen vom Alter ab. Schon bei betroffenen Säuglingen kann es im Rahmen der Störung zu ausgedehntem Schreien, Vermeidung von körperlicher Nähe oder Schlafstörungen kommen. Später wird dann die Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung deutlich.
Doch es gibt auch positive Aspekte von ADHS, denn Betroffene gelten als sehr kreativ und ideenreich.
ADHS zeigt sich schon ohne großen diagnostischen Aufwand, aber die Feststellung ist häufig nicht eindeutig. Ein Gespräch zwischen Arzt, Patient und Angehörigen findet statt (Anamnese). Der Arzt informiert sich über Verhaltensauffälligkeiten und Probleme, über die Patienten-Vorgeschichte und auch über das Umfeld. Er achtet auf das Verhalten des Patienten. Die weitere Untersuchung umfasst auch Fragebögen und psychische Tests wie z. B. einen Intelligenztest und einen Aufmerksamkeitstest. Bisweilen müssen apparative Untersuchungen erfolgen.
Es ist nicht immer leicht zu bestimmen, ob nun ein für das Alter übliches Verhalten oder ein hyperkinetisches Syndrom vorliegt. Es gibt einen fließenden Übergang. Ähnliche Verhaltensauffälligkeiten können auch durch Probleme wie Juckreiz bei Hauterkrankungen, herabgesetzte Seh- oder Hörfähigkeit ausgelöst werden. Nicht nur Kinder mit ADHS haben schlechte Schulnoten. Weitere Erkrankungen, bei denen es Parallelen zu den Symptomen von ADHS gibt, sind Epilepsie (Krampfanfälle im Gehirn), Autismus, Tic-Störungen (unwillkürliche Muskelzuckungen und Bewegungen), Lese-Rechtschreib-Schwäche, Psychose (schwere Störung mit falsch wahrgenommener Realität) und Rauschmittelkonsum.
Die Therapie gestaltet sich hauptsächlich durch die Psychotherapie und die Gabe von Medikamenten. Auch eine Beratung und Schulung, vor allem der Eltern, und pädagogische Maßnahmen können sich positiv auswirken. Die Eltern bekommen Empfehlungen, wie sie mit dem Kind umgehen und welche Regeln sie diesem aufstellen sollen. Es ist wichtig, dass neben den Eltern auch Lehrer, Erzieher, Ärzte und andere Bezugspersonen eingewiesen und beteiligt werden. Auch der Gang zur Selbsthilfegruppe kann sinnvoll sein.
Die Psychotherapie kann ein wirksames Mittel bei dem hyperkinetischen Syndrom sein. Meist ist eine Verhaltenstherapie die beste psychotherapeutische Maßnahme. Das Kind lernt, mit der Problematik der Aufmerksamkeitsstörung umzugehen und die Reizbarkeit zu kontrollieren. Die Psychotherapie wird häufig als Familientherapie (mit Beteiligung der Eltern) vorgenommen.
Bei schwerer ADHS kann die Gabe von Medikamenten angezeigt sein. Meist kommen Amphetamine zum Einsatz wie das Mittel Methylphenidat. Normalerweise verstärken die Amphetamine die Aktivität. Doch bei ADHS kommt es bei Amphetamin-Gabe über Botenstoffe zu einer Hemmung der Rastlosigkeit und zur Förderung der Aufmerksamkeit. Die Mittel wirken schnell, bedürfen aber einer regelmäßigen Einnahme. Weitere mögliche Medikamente sind Antidepressiva (Mittel gegen Depressionen), Neuroleptika (Mittel gegen bestimmte Störungen) und Beruhigungsmittel. Medikamente werden parallel zu anderen Behandlungsmaßnahmen gegeben. Zu beachten sind die jeweils möglichen Nebenwirkungen der Arzneimittel.
Mit einer Behandlung ist für die meisten Betroffenen eine deutliche Besserung der Symptomatik möglich. Die Aufmerksamkeit kann gesteigert und das Aktivitätsniveau reduziert werden. Das bessert die Lebensqualität des Patienten. Die Therapie muss allerdings gewissenhaft eingehalten werden und oft über Jahre oder sogar auf Dauer fortgeführt werden. Die Entwicklung der Kinder ist beinahe normal. Wird keine Behandlung durchgeführt, bleibt das hyperkinetische Syndrom in der Regel bestehen. Die Störung bleibt meist bis zum Erwachsenenalter, oft in abgeschwächter Form.
Letzte Aktualisierung am 28.05.2021.