Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sind sehr sprunghaft in ihren Emotionen und zwischenmenschlichen Beziehungen. Betroffene haben Gefühlsausbrüche, die sowohl negativ als auch positiv sehr stark sein können. Daher sind die Patienten oft wechselhaft in den persönlichen Beziehungen.
Ein typisches, aber nicht immer vorhandenes Anzeichen ist die Tendenz zur Selbstverletzung (z. B. Schnitte in den Arm), um innere Spannungen abzubauen. Der Name Borderline (englisch: Grenzlinie) wurde eingeführt, weil die Störung früher in das Grenzgebiet zwischen Neurose und Psychose eingeordnet wurde. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) wird oft auch einfach als Borderline, als Borderline-Syndrom, Borderline-Störung oder auch als emotional instabile Persönlichkeitsstörung bezeichnet. Borderline tritt meist im Jugendalter oder jungen Erwachsenenalter auf.
Die Ursachen sind vielfältig, eine ganze Reihe von Einflüssen kann schließlich in der Borderline-Störung enden. Nicht alle Ursachen sind genau bekannt. Zum einen kommen genetische Faktoren ins Spiel, zum anderen müssen persönliche Erlebnisse als Auslöser hinzukommen.
Wahrscheinlich bestehen Besonderheiten der Signalübertragung in Gehirnbereichen, die für die Steuerung der Gefühle zuständig sind. Die Erregbarkeit dieser Bereiche ist höher als bei anderen Personen. Möglicherweise können die Gene für diese Störung vererbt werden.
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung entsteht aber oft erst, wenn die Betroffenen bestimmte Vorkommnisse mitmachen. Ein Psychotrauma in der Kindheit oder Jugend fördert die Entwicklung von Borderline. Psychotrauma bedeutet, dass eine schlimme Begebenheit eine starke seelische Belastung auslöst. In 65 Prozent der Fälle geben die Betroffenen mit Borderline an, sexuell missbraucht worden zu sein. Fast ebenso viele haben in ihrer Kindheit Gewalt erleiden müssen. Genauso kann aber auch eine Vernachlässigung im Kindesalter oder eine gefühlskalte Atmosphäre in der Familie eine Rolle spielen. Eltern hatten oft Probleme mit Alkohol oder Drogen oder litten selbst an einer psychischen Störung (z. B. Schizophrenie). Dennoch gibt es auch eine ganze Reihe von Betroffenen, die in guten familiären Verhältnissen aufwuchsen und kein eindeutiges Psychotrauma erleiden mussten.
In der Regel sind jüngere Erwachsene oder Jugendliche von Borderline betroffen. Eine lange Zeit hielten Fachleute die Borderline-Störung für ein Problem, das bei Frauen häufiger auftritt als bei Männern. Dies bestätigte sich auch in Studien, bei denen Borderline-Betroffene zu rund 70 Prozent weiblich waren. Doch es wird vermutet, dass es unter den Männern eine recht hohe Dunkelziffer an Borderline-Betroffenen gibt. Diese begeben sich wahrscheinlich seltener als Frauen in eine Behandlung und werden vielleicht eher durch aggressives Verhalten auffällig und eventuell straffällig.
Die ersten Anzeichen für diese Störung finden sich oft schon in der Kindheit. Ausgeprägt kommt das Borderline-Syndrom meist bei Jugendlichen zum Vorschein. Betroffene mit Borderline-Störung haben sehr instabile Verhältnisse zu anderen Personen in ihrem Umfeld. In ihrem Gefühlserleben sind sie sehr sprunghaft und extrem. Dabei gibt es sehr verschiedene Ausprägungen von Borderline. Nicht alle Kriterien treffen auf alle Betroffenen zu.
Das Verhalten ist schwer berechenbar. Es werden ohne nachzudenken Dinge getan, die später bereut werden. Die Stimmung kommt vom einen Extrem ins andere. Beziehungen werden sehr leidenschaftlich geführt, sind aber sehr unstet. Im einen Moment herrscht intensive Zuneigung vor, was aber schnell in einen Hass umschlagen kann - und umgekehrt. Es besteht eine starke innere Unsicherheit, Selbstzweifel sind häufig.
Bei den Borderline-Patienten kann ein Schwarz-Weiß-Denken gesehen werden - entweder etwas ist zum jeweiligen Zeitpunkt sehr gut oder etwas ist sehr schlecht/böse. Beide Seiten einer Medaille werden nicht gesehen.
Die Gefühle finden auch nach außen hin ihren Ausdruck. So kommt es oftmals zu Wut und Aggressionen. Konflikte mit Angehörigen oder dem Partner sind vorprogrammiert. Dabei wollen die Betroffenen mit allen Mitteln verhindern, dass sie von der Person verlassen werden. Sie „klammern". Die Folge der Unbeständigkeit und dem Konfrontationsverhalten ist aber oft gerade, dass sich die nahestehenden Personen falsch behandelt führen und sich abkehren.
Personen mit Borderline-Störung zeigen häufig ein selbstschädigendes Verhalten. Viele „ritzen" sich, fügen sich mit einem Messer oder scharfen Gegenstand Schnitte in den Arm oder in andere erreichbare Körperteile zu. Ein typisches Anzeichen sind daher Narben und frischere Schnittwunden am linken (oder bei Linkshändern rechten) Arm. Durch die Selbstverletzung verschaffen sich die Betroffenen Erleichterung von ihren immensen psychischen Spannungen. Die „Selbstzerstörung" erfolgt sehr oft auch auf anderen Wegen wie in exzessivem Alkohol- oder Drogenkonsum, waghalsigen Trips oder durch Magersucht. Viele Betroffene haben auch oft Sex mit Fremden und achten nicht auf die Verhütung. Auch Selbstmordversuche oder die Androhungen, sich das Leben zu nehmen, sind recht häufig
Das vorausschauende Denken ist bei Borderline-Patienten verkümmert. Handlungen werden bevorzugt, die einen unmittelbaren Sinn haben. Daher ist es so schwierig für Betroffene, die Impulshandlungen zu kontrollieren.
Weitere Folgen von Borderline können Ängste und Depressionen, Schlafstörungen oder Konzentrationsschwierigkeiten sein. Manche haben das Gefühl, nicht mehr zu ihrem eigenen Körper zu gehören.
Die Diagnose einer Borderline-Störung wird anhand verschiedener Kriterien gestellt. Ein eingehendes Gespräch wird zwischen dem Arzt und dem Patienten gehalten (Anamnese). Dort kommen die derzeitigen Probleme des Patienten zur Sprache, ebenso aber die familiäre Vorgeschichte, eine mögliche Alkohol- oder Drogeneinnahme sowie Vorerkrankungen. Während der Sitzung beurteilt der Arzt auch das Verhalten des Patienten. Nach Möglichkeit interviewt der Arzt auch Angehörige oder enge Bekannte des Patienten. Der Arzt wertet seine Ergebnisse anhand eines so genannten Borderline-Tests aus.
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist häufig nicht ganz eindeutig bestimmbar. Symptome überschneiden sich mit anderen psychischen Erkrankungen. Beispiele für Diagnosen, die Ähnlichkeiten mit Borderline aufweisen, sind die schizotype Persönlichkeitsstörung und die multiple Persönlichkeitsstörung.
Die Behandlung von Borderline ist schwer und langwierig. Wenn der Patient Selbstmordabsichten hat oder sich selbst und andere durch sein Verhalten gefährdet, ist eine Behandlung auf einer Klinikstation angebracht. Ansonsten kann eine ambulante Behandlung (Behandlung außerhalb einer Station) vorgenommen werden. Heutzutage wird meist eine bestimmte Psychotherapie durchgeführt, die für die Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt wurde. Es handelt sich um die Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT). Diese Therapieform besteht aus einigen Bausteinen unterschiedlicher Behandlungsansätze. Insbesondere kommen darin Methoden aus einer Verhaltenstherapie zum Einsatz.
Die DBT (Dialektisch-behaviorale Therapie) besteht aus drei Phasen. Während der ersten Etappe steht die Stabilisierung der Psyche im Vordergrund. Selbstschädigendes Verhalten wird unterbunden, und der Patient wird bestärkt, die Therapie fortzuführen und nicht abzubrechen. Der Patient lernt dann vorteilhafte Verhaltensweisen und soll sich selbst besser beherrschen können. Die Gefühle sollen besser im Zaum gehalten werden. Auch das Denken wird geschult, und ebenso die Achtsamkeit sich und anderen gegenüber. In der zweiten Therapiephase geht es hauptsächlich um die auslösenden Ereignisse in der Vorgeschichte des Patienten. Die Vergangenheit soll der Betroffene annehmen und hinter sich lassen. Die dritte Etappe schließlich ist die Anwendung im „realen Leben". Der Betroffene entwickelt Pläne für seine Zukunft.
Manchmal werden anderen Arten der Psychotherapie durchgeführt. Die Familie kann in den Therapieprozess mit eingebunden werden. Manchmal ist es sinnvoll, dass der Patient Medikamente bekommt. Möglich ist die Gabe von Neuroleptika (Mittel gegen verschiedene psychische Störungen wie Psychosen) oder von Antidepressiva (Mitteln gegen die Depression).
Ohne eine Behandlung ist die Borderline-Störung oft über einen längeren Zeitraum ausgeprägt. Die Erkrankung hat viele negative Folgen, vor allem für das Zusammenleben mit anderen Menschen. Eine Psychotherapie ist schwierig durchzuführen, weil zwischen Therapeut und Patient zwangsläufig eine Beziehung aufgebaut wird. Wie in anderen Verhältnissen des Patienten, kommt es auch hier erst zu starken Gefühlsschwankungen und oft zu Konfliktsituationen. Doch die Behandlungsaussichten sind im Laufe der Zeit besser geworden. Mit steigendem Lebensalter gehen die Symptome von Borderline langsam zurück.
Letzte Aktualisierung am 31.05.2021.