Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) ist ein Behandlungskonzept, das hauptsächlich bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung seine Anwendung findet. Inzwischen stellt die Therapie auch für einige andere psychische Störungen eine Möglichkeit dar. Bei der Dialektisch-Behavioralen Therapie kommen Methoden aus der Verhaltenstherapie, aber auch aus körperorientierten Behandlungsansätzen, Gestalttherapie, Hypnose und weiteren Strömungen der Psychotherapie zum Einsatz. Die Dialektisch-Behaviorale Therapie betont als Konzept die Zusammenführung von Gegensätzen, die bei Borderline-Betroffenen und anderen Patienten auftreten. Der Patient verpflichtet sich zur Einhaltung gewisser Regeln, kann aber vom Therapeuten ein großes Verständnis für die Erkrankung erwarten und erhält Hilfe, sich zu verändern.
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) eignet sich zur Behandlung von Patienten mit Borderline-Störung oder verschiedenen anderen psychischen Problemen.
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist eine psychische Erkrankung, die gekennzeichnet ist von einer starken Wechselhaftigkeit im Verhalten, Denken, Gefühlen und in Beziehungen zu anderen Menschen. Die Betroffenen haben oft eine Neigung zur Selbstverletzung. Ihre Emotionen äußern sich oft als impulsive Handlungen. Von der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind überwiegend Frauen betroffen. Die Dialektisch-Behaviorale Therapie ist auf die Behandlung der Borderline-Störung zugeschnitten und kann selbst bei sehr schweren Fällen (bei Patienten mit Hang zum Selbstmord) durchgeführt werden.
Neben der Borderline-Erkrankung lässt sich die Dialektisch-Behaviorale Therapie auch bei einigen anderen Störungen durchführen. Das Einsatzgebiet umfasst heutzutage auch Essstörungen, Suchterkrankungen, chronische Depressionen und Psychotraumen (Reaktionen auf psychisch stark belastende Situationen wie Vergewaltigung oder Tod einer Bezugsperson).
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie ist aus der Verhaltenstherapie hervorgegangen. Sie ist aber speziell für die Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung weiterentwickelt worden. Die Begründerin der Dialektisch-Behavioralen Therapie ist die amerikanische Psychologin Marsha Linehan. Sie arbeitete die Therapie in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts aus, als sie Borderline-Patientinnen mit ständiger Selbstmordgefahr behandelte. Neben den Aspekten aus der Verhaltenstherapie bezieht die Dialektisch-Behaviorale Therapie auch Maßnahmen aus körperbetonten Behandlungsformen, der Gestalttherapie, der Hypnose und weiteren Strömungen der Psychotherapie mit ein.
Der Begriff „dialektisch" beschreibt den Zwiespalt, dass einerseits die Verhaltensweisen und Emotionen des Patienten vom Therapeuten respektiert werden müssen, aber andererseits eine Veränderung angestrebt wird. „Dialektisch" kann aber auch auf verschiedene andere Gegensätze bezogen werden, die bei Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung vorkommen.
Gerade bei der Borderline-Störung ergeben sich oft Schwierigkeiten, weil der Patient sehr heftige Reaktionen während der Therapie zeigt oder sogar die Behandlung abzubrechen droht. Zwischen dem Therapeuten und dem Patienten wird daher eine Art Pakt geschlossen. Dieser beinhaltet, dass der Patient sich an gewisse Regeln halten soll. Dafür kann er erwarten, dass der Therapeut ihm mit Respekt und Verständnis begegnet und ihn so gut, wie es möglich ist, zu therapieren.
Die Behandlung der Probleme, die bei den Patienten auftreten können, ist nach Dringlichkeit gegliedert. Dabei findet sich folgende Reihenfolge:
Falls ein Patient „rückfällig" wird, also wieder in eine Stufe mit höherer Dringlichkeit zurück gerät, wird auch die Therapie sofort wieder darauf ausgerichtet.
Die Therapie selbst besteht sowohl aus Einzelsitzungen als auch aus Gruppenrunden. Innerhalb der Gruppe sollen die Patienten Fähigkeiten erlernen, wie sie besser mit sich selbst und anderen im Leben zurechtkommen. Folgende Hauptthemengebiete, genannt Module, werden den Betroffenen bei der Gruppenarbeit nahegelegt:
In der Einzeltherapie erfolgt eine intensive Auseinandersetzung mit den ganz eigenen Problemen des Patienten. Die in der Gruppe durchgenommenen Themen werden vertieft und angewendet. Die Fähigkeiten können auf die Lebenssituation des Patienten übertragen werden. Der Therapeut führt Maßnahmen aus der Verhaltenstherapie durch, um Gefühle, Denken und Handeln des Patienten zu analysieren. Lösungen für die Verhaltensprobleme werden erarbeitet. Zum Einsatz kommen neben der Verhaltenstherapie auch andere psychotherapeutische Methoden. Der Therapeut steht sogar über das Telefon mit dem Patienten in Verbindung, damit akute Krisen (wie Selbstmordabsichten, Selbstverletzung) sofort bewältigt werden können.
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) kann ambulant oder stationär durchgeführt werden. Gewöhnlich für die ambulante Therapie ist eine Zeitdauer von zwei Jahren. Ist der Patient in einer psychotherapeutischen Einrichtung stationär untergebracht, verkürzt sich die Dauer der Behandlung auf meist drei Monate, sie kann dann ambulant fortgeführt werden.
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie beginnt meist mit einer Verhaltensanalyse des Patienten. Das geschieht beim Einzeltherapeuten. Daran schließt sich die Phase des Trainings von sozialen Fertigkeiten an, die in der Gruppe und auch beim Einzeltherapeuten stattfindet. Immer kann es auch zu akuten Krisen von Seiten des Patienten kommen, wodurch das Hauptaugenmerk bei der Behandlung dann zunächst auf die kurzfristige Bewältigung gerichtet ist. Wird der Patient stationär therapiert, so gibt es am Ende des Aufenthalts eine Phase, die ihn auf seine Entlassung und das weitere Alltagsleben vorbereitet.
Probleme können wie bei jeder Therapie auftreten. Meist entstehen die Probleme bei der Dialektisch-Behavioralen Therapie aufgrund des schweren und komplizierten Krankheitsbildes. Bei der Borderline-Störung kann es bis hin zum Selbstmord kommen. Ausgeprägte negative Auswirkungen der Behandlung selbst sind nicht bekannt.
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie ist allgemein eine gut wirksame Therapie. Im Vergleich zu anderen Verhaltenstherapien bei der Borderline-Störung erwies sich die Dialektisch-Behaviorale Therapie als vorteilhaft. Sowohl der Verlauf als auch das Endergebnis ist günstig. Nahezu alle psychischen Parameter, die bei der Borderline-Persönlichkeitsstörungen eine Rolle spielen, werden positiv beeinflusst. Die Rate an Selbstmordversuchen, Selbstverletzungen, Therapieabbrüchen und Klinikaufenthalten geht bei einer Dialektisch-Behavioralen Therapie zurück. Die Effekte halten zumindest ein Jahr nach der Beendigung der Therapie an (Langzeitstudien gibt es noch nicht, da die Therapieform noch jung ist).
Neben der Dialektisch-Behavioralen Therapie gibt es andere Möglichkeiten, eine Borderline-Persönlichkeitsstörung zu behandeln. Ein anderer Ansatz ist die Mentalisierungsgestützte Psychotherapie, bei der mit den Patienten daran gearbeitet wird, das Verhalten anderer Personen Gefühlen zuzuordnen. Auch ist eine Transference-Focused-Psychotherapie möglich, die mit dem Vorgang der Übertragung (Gefühlsübertragung zwischen Patient und Therapeut) arbeitet. Liegt der Borderline-Störung ein Psychotrauma, also eine starke seelische Belastung durch bestimmte Ereignisse zugrunde, so kann eine Traumatherapie erfolgreich sein. Bei vielen Patienten ist die Gabe von Medikamenten erforderlich.
Da die Dialektisch-Behaviorale Therapie noch relativ neu ist und nur wenige Behandlungszentren die Methode anbieten, werden die Kosten oft von den Krankenversicherungen noch nicht getragen. Der Patient sollte sich im Voraus darum kümmern, ob und wie die Behandlung finanziert werden kann.
Letzte Aktualisierung am 21.05.2021.