Bei einer Angststörung sind Ängste eines Betroffenen so stark, dass sie deutliche Auswirkungen auf sein Alltagsleben haben. In der Regel ist die vorherrschende Angst unbegründet, im Gegensatz zur üblichen Angstreaktion auf Gefahren bei allen Menschen. Zu den Angststörungen zählen mehrere Varianten: Phobien, Panikstörung, generalisierte Angststörung. Phobien sind übertriebene Ängste gegenüber bestimmten, normalerweise harmlosen Auslösern.
Bei einer Panikstörung treten bei einem Patienten Panikattacken auf, ohne dass ein äußerer Anlass dafür gegeben ist. Eine generalisierte Angststörung ist durch eine langfristige, allgemeine oder nicht auf bestimmte Auslöser begrenzte Angst gekennzeichnet. Die jeweilige Angststörung kann einen so großen Einfluss auf das Leben des Betroffenen haben, dass bestimmte Situationen gemieden werden oder ein Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Eine Behandlung der Angststörung erfolgt mit einer Verhaltenstherapie.
Die Ursachen für die Entwicklung einer Angststörung sind vielfältig. Mehrere Faktoren spielen eine Rolle. Verschiedene Erklärungsmodelle beschreiben, wie die Angst entstehen kann.
Diese Möglichkeiten beinhalten:
Eine Angststörung kann sich auf vielerlei Weise bemerkbar machen. Es kann nicht nur zu psychischen, sondern auch zu körperlichen Beschwerden kommen. Die Ängste können gerichtet oder ungerichtet sein. Eine gerichtete Angststörung, die durch konkrete Objekte oder Situationen ausgelöst wird, ist eine Phobie. Zu den ungerichteten Angststörungen gehören die Panikstörung und die generalisierte Angststörung, welche beide ohne einen speziellen Auslöser auftreten. Alle Angststörungen gehören zu den Neurosen, welche auch die Zwangserkrankungen umfassen.
Phobien gibt es also in unzähligen Varianten. Einige Arten von Phobien sind jedoch besonders häufig. Bei einer Phobie kommt es zu einer übermäßigen Furcht vor Objekten oder Ereignissen, die für andere Menschen nicht oder nur wenig angstauslösend sind. Dies führt für den Betroffenen zu einem Vermeidungsverhalten. Anlässe, bei denen es zum Kontakt zum Angstauslöser kommen könnte, werden versucht zu umgehen. Der Betroffene hat keine Angst, wenn der Auslöser nicht vorhanden ist. Für gewöhnlich weiß der Phobiker sogar, dass er vor dem Auslöser eigentlich keine Angst zu haben braucht. Nicht wenige Betroffene versuchen die Angst mit Suchtmitteln zu betäuben. Phobien sind häufig, aber da viele Betroffene sich nicht einem Therapeuten vorstellen, ist eine tatsächliche Zahl schwer zu ermitteln.
Einige Beispiele für Phobien:
Eine Panikstörung, eine andere Variante der Angststörungen, ist durch eine plötzliche Angst „wie aus heiterem Himmel" gekennzeichnet. Ein Anlass ist weder für Außenstehende noch für den Betroffenen zu erkennen. Die Panikattacken treten wiederholt auf, in der Regel dauern sie wenige Minuten, manchmal länger. Körperliche Beschwerden treten dabei meist auf, beispielsweise erhöhte Herzfrequenz, Zittern, Schwitzen oder ein benommenes Gefühl. Nicht wenige Betroffene denken deshalb während einer solchen Attacke, sie wäre durch eine körperliche Störung bedingt, und verspüren große Angst, möglicherweise zu sterben. Besteht die Furcht, an einer Herzerkrankung zu leiden, so liegt eine so genannte Herzphobie vor. Aus einer Panikstörung kann sich auch eine Agoraphobie (Angst vor offenen Plätzen) entwickeln.
Die dritte mögliche Form der Angsterkrankung, die generalisierte Angststörung (abgekürzt: GAS), besteht aus einer ständigen unbestimmten Furcht des Patienten. Oftmals sind gleichzeitig andere Angststörungen oder Depressionen vorhanden. Es herrscht praktisch jederzeit eine allgemeine Angst ohne bestimmten Grund. Betroffene haben unter anderem eine starke Lebens- und Zukunftsangst. Durch häufiges Grübeln ist das Einschlafen gestört. Echte Gefahren werden ebenfalls viel ängstlicher beurteilt als von der Allgemeinheit. Betroffene leiden ebenfalls an körperlichen Symptomen, z. B. Nervosität, Zittern, Schwitzen, Schwindel oder Bauchbeschwerden. Die körperlichen Erscheinungen können so im Vordergrund sein, dass die generalisierte Angststörung häufig nicht als psychische Störung erkannt wird.
Angststörungen werden hauptsächlich in einem eingehenden Gespräch zwischen Arzt und Patient diagnostiziert (Anamnese). Hier kann festgestellt werden, welche der verschiedenen Formen von Angsterkrankungen vorliegt. Es muss auch untersucht werden, ob eine andere Störung wie eine Depression hinter den Ängsten steckt. Der Patient muss seine Ängste und Beschwerden genau beschreiben. Er teilt dem Untersucher mit, wann die Ängste besonders stark sind und wie ausgeprägt sie insgesamt sind. Auch erfragt der Untersucher, inwieweit das soziale und berufliche Leben durch die Angst beeinträchtigt ist. Der Arzt fragt nach der persönlichen Vorgeschichte des Patienten und auch nach einem möglichen Substanzmissbrauch (Drogen, Medikamente, auch Koffein kann eine Rolle spielen). Zudem kann der Untersucher beobachten, ob der Patient ängstlich oder auf andere Weise auffällig wirkt.
Spezielle Fragebögen können helfen, die Angst besser zu beurteilen. Der Patient füllt sie entweder selbst aus (z. B. State Trait Anxiety Inventory = STAI), oder die Fragen werden vom Untersucher gestellt (z. B. Hamilton-Angstskala = HAMA).
Zusätzlich ist es sinnvoll, Personen aus dem Umfeld des Betroffenen zu befragen. Sie haben oft eine andere Sicht auf das Verhalten als der Patient selbst.
Bisweilen können auch andere Untersuchungen notwendig werden. Diese Untersuchungen beziehen sich auf körperliche Störungen, da sie manchmal hinter einer Angststörung stecken können. In diesem Rahmen können Blutuntersuchungen, Ultraschall oder andere bildgebende Methoden wie Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) sinnvoll sein.
Die wesentlichen Therapiemöglichkeiten bei Angststörungen sind die Psychotherapie, insbesondere eine Verhaltenstherapie, sowie die Gabe geeigneter Medikamente.
Als psychotherapeutische Maßnahme gegen die Ängste hilft in erster Linie eine Verhaltenstherapie. Da gerade bei Vermeidung des Auslösers die Angst bestehen bleibt, eignet sich oft eine Konfrontation mit dem Auslöser. Dies wird als Konfrontationstherapie oder Reizkonfrontation bezeichnet. Der Patient wird bewusst der angstmachenden Situation ausgesetzt, ein Betroffener mit Höhenangst begibt sich beispielsweise zusammen mit dem Therapeuten auf einen Turm. Der Patient gewöhnt sich an die jeweilige Situation, und die Angst wird abgebaut. Der Angstreiz kann zunächst ganz gering gewählt und dann allmählich gesteigert werden (Systematische Desensibilisierung), oder der Patient stellt sich direkt dem größtmöglichen Angstauslöser (Reizüberflutung).
Ebenfalls kann sich eine kognitive Therapie eignen. Diese Behandlung greift an den negativen Grundannahmen (Kognitionen) des Patienten an. Die Überzeugungen, die zu der Angst führen, werden durchbrochen. Des Weiteren können eine Reihe anderer psychotherapeutischer Verfahren bei Ängsten durchgeführt werden. Entspannungsverfahren können ebenfalls genutzt werden: Autogenes Training, Biofeedback, Progressive Muskelentspannung.
Verschiedene Medikamente können zusätzlich gegen die Angststörung eingesetzt werden. Nicht selten werden Antidepressiva gegeben, also Mittel, die an sich gegen Depressionen wirken und die Stimmung aufhellen, aber auch Ängste abbauen. Dazu gehören vor allem Mittel aus einer neueren Reihe von Antidepressiva, die SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer). Übliche Wirkstoffe sind Fluoxetin, Venlafaxin, Duloxetin und Citalopram. Seltener bei Angsterkrankungen gegeben werden Beruhigungsmittel (Benzodiazepine). Sie sind zwar wirksam, können aber schnell abhängig machen und dürfen deshalb nur über einen kürzeren Zeitraum eingenommen werden. Benzodiazepine sollten niemals ohne ärztliche Verschreibung eingenommen werden.
Der Patient kann auch selbst gegen die Angst etwas tun, indem er die angstmachende Situation nicht vermeidet. Selbsthilfegruppen können ebenfalls helfen. Bei einer Beeinträchtigung des Alltagslebens ist aber eine professionelle Hilfe notwendig. Es wird empfohlen, sich einem Arzt oder Psychotherapeuten vorzustellen. Niemals sollten Suchtmittel wie Alkohol oder Medikamente eigenmächtig dazu eingesetzt werden, die Angststörung zu bekämpfen.
Angststörungen lassen sich mit einer entsprechenden Therapie (Verhaltenstherapie, Medikamente) meist gut in den Griff bekommen. Besonders günstig ist die Prognose bei den spezifischen Phobien, insbesondere wenn sie seit der Kindheit bestehen. Wichtig für eine gute Prognose ist aber, dass sich der Betroffene überhaupt in eine Behandlung begibt, wenn die Angst sein Leben beeinträchtigt. Je früher eine Therapie der Angststörung beginnt, umso besser sind die Erfolgsaussichten. Ansonsten kann eine Angsterkrankung sehr langwierig sein und sich aufgrund von Vermeidungsverhalten noch verstärken. Die Ängste können den Betroffenen in seinem Leben unter Umständen sehr stark einschränken, so dass er sich zurückzieht und vereinsamen kann. Alkoholabhängigkeit oder andere Süchte können die Folge sein.
Letzte Aktualisierung am 20.05.2021.