Eine Schlafentzugstherapie oder Wachtherapie ist eine Methode, mit der depressive Symptome gebessert werden können. Der Schlaf kann über eine ganze Nacht verhindert werden (kompletter Schlafentzug) oder aber der Patient wird äußerst früh geweckt und wach gehalten (partieller Schlafentzug).
Bei vielen Betroffenen mit Depression hilft die Methode, wenn auch nur für wenige Tage. Deshalb stellt sie eine Zusatztherapie zu anderen Verfahren (wie Psychotherapie) dar. Warum die Schlafentzugstherapie wirksam ist, konnte die Wissenschaft bisher nicht exakt herausfinden.
Die Schlafentzugstherapie kommt hauptsächlich bei einer Depression beziehungsweise depressiven Symptomen zum Einsatz. Besonders günstig ist die Methode bei einer endogenen Depression, sie kann aber auch bei anderen Störungen mit depressiver Symptomatik eingesetzt werden.
Deshalb ist sie auch bei einer bipolaren Störung möglich, also bei einer Erkrankung mit phasenweise abwechselnder depressiver und manischer Symptomatik.
Bisher konnte nicht festgestellt werden, warum der Schlafentzug gegen depressive Symptome wirkt, sondern nur, dass er überhaupt hilft. Eigentlich scheint die Wirkung der Behandlung paradox. Menschen mit depressiven Störungen haben in vielen Fällen nämlich Schlafprobleme.
Es kommt zu einem Ungleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn sowie Hormonen. Das gilt besonders für die Schlafphasen in den Morgenstunden. Hier kann der Schlafentzug als Behandlungsmethode greifen und den Stoffhaushalt wieder ordnen. Ebenfalls kann der Teufelskreis durchbrochen werden, dass die Patienten tagsüber antriebslos und müde sind und daher schlafen, während sie in der Nacht wach liegen.
Ein Schlafentzug wird meist zweimal oder dreimal in der Woche vorgenommen. Nach einigen Wochen ist eine Pause anzuraten. Die Wachtherapie erfolgt in der Regel in einer Behandlungsgruppe, selten auch einzeln. Ein Arzt ist zumindest bei den ersten Malen anwesend, um die Patienten zu beaufsichtigen. Die Methode findet in der Regel in einer Klinik statt. Später können Patienten selbst zu Hause einen Schlafentzug durchführen. Der Schlafentzug kann in einer Nacht komplett oder teilweise geschehen.
Ein kompletter Schlafentzug erfordert es, eine Nacht sowie den darauf folgenden Tag wach zu bleiben. Verschiedene Tätigkeiten, Spiele, Aufgaben oder Spaziergänge verhindern, dass der Patient während der Zeit einschläft. Auf Koffein oder alkoholische Getränke muss der Patient aber verzichten.
Ein teilweiser (partieller) Schlafentzug geschieht in der Regel, indem der Patient zu einem sehr frühen Zeitpunkt aufstehen muss wie um 0:00 Uhr oder um 2:00 Uhr. Danach darf er ebenfalls bis zum nächsten Abend nicht wieder einschlafen.
Allgemein handelt es sich bei der Schlafentzugstherapie um eine nebenwirkungsarme Methode. Insbesondere der teilweise Schlafentzug hat kaum negative Auswirkungen. Der Schlaf-Wach-Rhythmus wird beim Schlafentzug in jedem Fall durcheinander gebracht, was von den Menschen unterschiedlich gut kompensiert werden kann.
Während der Behandlung kann ein Kältegefühl oder Schwitzen auftreten. Bei einer Neigung zur Epilepsie können durch den Schlafentzug Anfälle ausgelöst werden. Zudem kann eine manische Symptomatik (beim Einsatz bei einer bipolaren Störung) verschlechtert werden. Äußerst selten kann es durch die Antriebssteigerung zu einem Selbstmordversuch kommen.
Der Schlafentzug wirkt bei depressiven Patienten häufig. Der Erfolg ist wissenschaftlich belegt. Bei 20 bis 60 Prozent der Patienten lässt sich nach dem Schlafentzug feststellen, dass die Stimmung aufhellt und der Antrieb gesteigert ist. Es ist dazu allerdings notwendig, dass der Betroffene bis am nächsten Abend wach bleibt. Schon eine kurze Schlafphase kann den antidepressiven Effekt zunichte machen. Die Wirkung des Schlafentzugs bleibt für ein bis zwei Tage bestehen. Manchmal kann die Wirkung aber auch durch Verlagern der Schlafperioden beibehalten werden. Bei einigen Patienten kann die Schlafentzugstherapie allerdings wirkungslos sein. Der große Vorteil der Methode ist die einfache Durchführung bei einem gleichzeitig sanften Behandlungsverfahren, dessen Effekt rasch zum Vorschein kommt.
In den meisten Fällen ist der Schlafentzug eine zusätzliche Methode zu psychotherapeutischen Verfahren unterschiedlicher Art sowie auch zu Medikamenten. Weitere Möglichkeiten bei Depressionen sind die Elektrokrampftherapie oder auch die Lichttherapie.
Letzte Aktualisierung am 31.05.2021.