Psychische Funktionen sind geistig-seelische Eigenschaften eines Menschen. Die psychischen Funktionen beinhalten Bewusstsein und Orientierung, die geistige Leistungsfähigkeit, die Persönlichkeit und die Stimmungslage. Der psychische Befund in diesem Sinne wird normalerweise während des Untersuchungsgespräches und der Verhaltensbeobachtung erhoben. Der Befund ermöglicht es, Aussagen über verschiedene Krankheiten der Psyche, aber auch der Nerven oder des Körpers zu treffen.
Die Erhebung der psychischen Funktionen erfolgt mehr oder weniger detailliert bei jeder psychiatrischen Untersuchung. Hier ist sie bereits ein Bestandteil des Untersuchungsgespräches, der Anamnese. Eine genaue Beurteilung einiger bestimmter Aspekte der psychischen Verfassung ist möglich, indem eine Verhaltensbeobachtung durchgeführt wird.
Die psychischen Funktionen sind aber nicht nur in der Psychiatrie wichtig. Ebenso gehört die Erhebung des psychischen Befundes zum gewöhnlichen Untersuchungsgang beim Neurologen (Nervenarzt). In Ansätzen beurteilt auch jeder andere Arzt während der Grunduntersuchung die psychischen Funktionen.
Mit der Erhebung der psychischen Funktionen kann der Untersucher Hinweise auf verschiedene Erkrankungen erhalten. Psychische Erkrankungen gehen häufig mit erkennbaren Auffälligkeiten einher. Einige Zustände können aber auch auf körperliche Erkrankungen als Ursache hinweisen.
Die Erhebung des psychischen Befundes ist meist in die Grunduntersuchung mit eingebunden. Der erfahrene Psychiater kann die einzelnen Funktionen der Psyche und der Nerven durch eine gute Beobachtung, etwa im Gespräch mit dem Patienten, beurteilen. Der Arzt achtet auf eine Reihe von Gesichtspunkten, die eine Aussage über die psychischen Funktionen zulassen.
Bewusstsein beschreibt, inwieweit ein Mensch klar ist in Denken, der Aufmerksamkeit und der Empfindung. Das Bewusstsein kann grob abgestuft werden in
Nicht nur nach der Tiefe, sondern auch nach der Art der Bewusstseinsstörung ist eine Beurteilung möglich. Beispiele sind Bewusstseinstrübung sowie durch körperliche Erkrankungen oder Verletzungen bedingte Bewusstseinsminderung.
Die Orientierung ist die Fähigkeit, dass ein Mensch etwas räumlich, zeitlich und personenbezogen einordnen kann. Die zeitliche Orientierung lässt sich beurteilen, indem der Patient Auskunft über Datum und Uhrzeit geben muss. Entsprechend muss der Patient angeben, wo er sich befindet, welche Situation gerade besteht, wie er heißt und welchen Beruf er ausübt.
Die Wahrnehmung des Patienten wird auf Veränderungen hin beurteilt. Vor allem wird überprüft, ob die Wahrnehmung verzerrt ist, ob der Mensch die Realität falsch wahrnimmt (Illusionen) oder ob Halluzinationen auftreten.
Der Arzt untersucht, ob am Patienten eine Antriebssteigerung oder Antriebslosigkeit vorliegt. Die Motivation des Patienten kann stark oder gering sein. Die Psychomotorik wird beurteilt, es wird also auf Bewegungen geachtet, welche aufgrund psychischer Abläufe ausgeführt werden.
Die Stimmungslage kann auf verschiedene Weise verändert sein. Allgemein gesehen kann die Affektivität (Zeigen von Emotionen) gesteigert oder verflacht sein. Nach der Art der Stimmung kann eine Hochstimmung (Euphorie, Manie) von einer Niedergeschlagenheit (Depression) unterschieden werden. Des Weiteren kann die Stimmung instabil sein und wechseln. Der Arzt muss beurteilen, ob eine Gefährdung für einen Selbstmord besteht.
Das Denken eines Patienten kann verändert sein, z. B. erkennt der Untersucher, ob die Gedankengänge gehemmt sind oder zu schnell aufeinander folgen (Ideenflucht). Es können Wahnvorstellungen, Ängste oder Zwangssymptome auftreten. Manche Patienten leiden daran, dass ihre Gedanken fremdgesteuert wirken oder die Grenzen zwischen sich selbst und der Außenwelt verschwimmen (Ich-Störungen).
Beim Gedächtnis kann unterschieden werden zwischen dem frischen Gedächtnis und dem Altgedächtnis. Wird eine Episode nicht mehr erinnert, so heißt dies Amnesie. Der Arzt kann testen, ob die Merkfähigkeit des Patienten herabgesetzt ist, er also an einer Vergesslichkeit leidet. Die Erinnerung kann auch stark verzerrt sein. Déjà-vu-Phänomene können ein Symptom darstellen.
Die geistige Leistungsfähigkeit ist für den Arzt oft schon aus dem persönlichen Umgang und aus der Vorgeschichte (Anamnese) ableitbar. Zur genaueren Beurteilung gibt es Intelligenztests.
Die Persönlichkeitseigenschaften können beschrieben werden. Es gibt eine Reihe von Persönlichkeitsstörungen, die aufgrund von Aussagen im Patientengespräch oder nach einer Weile der Beobachtung von dem Untersucher vermutet werden können.
Die Untersuchungsergebnisse werden meist in einem Schema notiert. Für den psychischen Befund eignet sich das AMDP-System (AMDP = Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie). Die psychischen Symptome werden zusammen mit den Ergebnissen der körperlichen Untersuchungen in einem Bogen vermerkt.
Die Erhebung der psychischen Funktionen stellt keine Gefahr dar.
Die psychischen Funktionen zu beurteilen ist ein Kernbestandteil der psychiatrischen Grunduntersuchung (Gespräch, Beobachtung). Um Störungen und ihre Zusammenhänge genauer untersuchen zu können, sind oft weitere Verfahren wie genormte psychologische Tests, Laboruntersuchungen oder apparative Methoden erforderlich.
Letzte Aktualisierung am 28.05.2021.