Zu den systemischen Therapien gehören vor allem die Familientherapie und die Paartherapie. Der Begriff Familientherapie umfasst einige Konzepte, bei denen einer oder mehrere Patienten im familiären Zusammenhang betrachtet und behandelt werden. Ebenfalls gibt es einige Methoden einer Paartherapie, also zur Behandlung von Ehe- oder Lebenspartnern.
Alle diese Ansätze werden als systemische Therapien bezeichnet, da sie den Menschen psychologisch auf ein System von Personen im Umfeld beziehen. Eine psychische Störung ist demnach nicht eine Erkrankung des einzelnen Menschen, sondern eines Teils eines sozialen Gefüges. Die systemische Therapie steht im Kontrast zu Gruppentherapie, bei welcher zwar ebenfalls eine Behandlung innerhalb mehrerer Menschen erfolgt, die jedoch nicht ursprünglich miteinander zu tun hatten.
Eine systemische Therapie (Familientherapie oder Paartherapie) kann praktisch bei allen psychischen Störungen angewendet werden. Zu den Anlässen gehören beispielsweise Magersucht, Psychosen (schwere psychische Krankheitsbilder mit Beeinträchtigung der Realitätswahrnehmung) oder psychosomatische Störungen (psychische Probleme, die sich in körperlichen Beschwerden äußern).
Ebenso bietet sich eine Familien- oder Paartherapie bei wiederholten zwischenmenschlichen Konflikten in der Familie oder Partnerschaft an. Eine Paartherapie wird darüber hinaus oft bei sexuellen Problemen vorgenommen, beispielsweise bei Erektionsstörungen.
Eine systemische Therapie kann im Prinzip in jedem Lebensalter der Betroffenen sinnvoll sein.
Zu den systemischen Therapien gehört eine gewisse Anzahl unterschiedlicher Verfahren. Meist lässt sich eine systemische Therapie als Familientherapie oder als Paartherapie klassifizieren, manchmal handelt es sich um eine Therapie innerhalb einer anderen sozialen, vorbestehenden Gruppe. In jedem Fall bezieht sich die systemische Therapie auf ein System aus Menschen in einem schon vorhandenen sozialen Geflecht.
In den systemischen Behandlungsverfahren wird davon ausgegangen, dass der einzelne Mensch immer im Zusammenhang mit seinen Mitmenschen aus seinem Umfeld gesehen werden muss. Auch eine psychische Erkrankung entsteht laut dieses Ansatzes stets im Kontext der Personen in der Umgebung des Patienten. Daher kann eine Behandlung besonders effektiv sein, wenn diese Personen mit einbezogen werden. In einer systemischen Therapie können psychische Probleme aus mehreren unterschiedlichen Sichtweisen der Personen beleuchtet werden. Es entwickelt sich oft eine besondere Dynamik innerhalb der Familie (oder Partnerschaft oder anderem System). Das kann zu einer Auflösung von Schwierigkeiten führen.
Abgesehen von dem gemeinsamen Nenner der Behandlung von Familien, Paaren oder sozialen Gruppen stecken unterschiedliche Ideen hinter den systemischen Therapien. So kommen in den Konzepten gesprächstherapeutische, verhaltenstherapeutische, psychoanalytische, humanistische (am Menschen orientierte) oder speziell auf das System bezogene Maßnahmen zum Einsatz. Bei vielen Ansätzen steht das Gespräch im Mittelpunkt, zusätzlich werden dann meist weitere Methoden vorgenommen werden. Andere Konzepte arbeiten mit so genannten Skulpturen oder Aufstellungen, wozu die einzelnen Teilnehmer sich in einem Raum positionieren oder bestimmte körperliche Haltungen einnehmen. Weitere Systemtherapien arbeiten wiederum auf ganz andere Weise.
Nicht als systemische Therapie bezeichnet wird eine Gruppenpsychotherapie, bei der sich die Mitglieder vorher nicht kannten. Es handelt sich dann nämlich nicht um ein länger bestehendes soziales System, sondern lediglich um eine neu entstandene Gruppe.
Die meisten systemischen Therapien laufen in einer Reihe von Sitzungen ab, die jeweils um die 50 Minuten dauern. Je nach der Methode und den Umständen werden weniger oder mehr Sitzungen in geringeren oder größeren zeitlichen Abständen anberaumt. Oft wird der Familie (oder Partnerschaft oder System) zwischen den Sitzungen Zeit gelassen, das Verhalten gegenüber und die Beziehungsstrukturen zu verbessern.
Zu einer Familientherapie gehen möglichst alle Personen, die einen gewissen Einfluss auf den Patienten ausüben. In der jeweiligen Sitzung erfolgen Gespräche und andere systemtherapeutische Maßnahmen unter Anleitung eines Therapeuten. Oft sitzt ein weiterer Therapeut in einem Nebenraum und kann das Gruppenverhalten beurteilen.
Nach den Maßnahmen beraten sich dann erst die Therapeuten, um schließlich mit der behandelten Personengruppe zu sprechen. In verschiedenen Ansätzen kommen weitere Behandlungsmaßnahmen zum Einsatz. Die Behandelten bekommen am Ende des Termins oft Aufträge für die Bewältigung der Probleme zu Hause, bis die nächste Sitzung anberaumt wird.
Einige Methoden der systemischen Therapie weichen aber in größerem Maße von diesem ungefähren Schema ab.
Die einzelnen Therapiekonzepte haben jeweils unterschiedliche mögliche Risiken und Probleme. Hierzu sind die meisten Verfahren nicht genügend untersucht worden, um eine definitive Aussage über die Probleme treffen zu können.
Für die Erfolgsaussichten gilt ebenfalls, dass sie abhängig sind von der jeweiligen Methode, aber auch von dem System von Menschen, auf das sie angewendet werden. Die Wirksamkeit von systemischen Therapien konnte bisher nur ungenügend nachgewiesen werden. Dennoch lassen sich aus der Erfahrung in vielen Fällen die sozialen Beziehungen, das Verhalten, die Kommunikation, das Selbstbewusstsein und andere Faktoren der beteiligten Personen verbessern. Davon können auch die psychischen Störungen verringert werden.
Im Kontrast können einzeltherapeutische Verfahren zusätzlich oder anstatt einer systemischen Therapie durchgeführt werden. Auch hierbei können Behandlungen aus den verschiedensten Richtungen angezeigt sein wie Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologie oder humanistische Ansätze.
In der Regel kann eine systemische Therapie nicht von der Krankenkasse finanziert werden. In einigen Fällen kann dennoch auf eine Übernahme der Kosten gehofft werden, so dass sich der Patient zuvor erkundigen sollte.
Letzte Aktualisierung am 25.05.2021.