Eine Sucht oder Abhängigkeit besteht, wenn eine Person zwanghaft eine Substanz konsumiert oder ein bestimmtes Verhalten zeigt. Der Betroffene verliert die Kontrolle über seinen Konsum oder seine Handlungen.
So genannte stoffgebundene Süchte sind das Abhängigkeitssyndrom nach Alkohol, Nikotin, Drogen oder Medikamenten. Nicht stoffgebundene (stoffungebundene) Abhängigkeiten können vielfältig sein, zu ihnen gehören beispielsweise Spielsucht, Internetsucht oder Kaufsucht.
Klassischerweise werden körperliche und psychische Abhängigkeit unterschieden, wobei die körperliche Abhängigkeit nur bei der Sucht gegenüber einer Substanz bestehen kann. Eine Sucht kann im unterschiedlichem Ausmaß zu körperlichen, seelischen und sozialen Schäden führen. Abhängigkeitsprobleme allgemein sind in der Bevölkerung weit verbreitet, die überwiegende Mehrzahl der Menschen hat so gesehen in irgendeiner Form eine Sucht.
Allgemeine Ursachen für Suchterkrankungen lassen sich nur sehr schwer bestimmen. In aller Regel entsteht eine Sucht durch viele Faktoren. Dazu gehören vor allem die eigene Psyche, das Umfeld sowie die Verfügbarkeit des suchterzeugenden Mittels. Möglicherweise spielt die Veranlagung eine Rolle.
Die eigene Seele und Persönlichkeit ist ein wichtiges Element bei der Suchtentstehung. Besonders Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl haben ein größeres Risiko, abhängig zu werden. Negative Erlebnisse in der Kindheit können die eigene Unsicherheit verstärken und einer späteren Sucht förderlich sein. Eine verminderte Frustrationstoleranz, eine Ängstlichkeit und Beziehungsunfähigkeit sind typische Persönlichkeitsmerkmale bei einer Suchtentstehung. Nicht immer muss aber eine „Suchtpersönlichkeit" vorliegen, dass es zu einer Abhängigkeit kommt.
In persönlichen Krisensituationen besteht direkt die Gefahr, in eine Sucht hineinzurutschen. Auch psychiatrische Störungen können unmittelbar zu einem Drogenkonsum oder Suchtverhalten führen.
Das Umfeld kann den entscheidenden Auslöser beisteuern. Wird in einer Familie beispielsweise geraucht oder viel Alkohol getrunken, so werden die Kinder auf diese Substanzen geprägt. Ähnliches gilt für Medien wie Computer und Fernseher. Aus psychologischer Sicht handelt es sich bei Sucht um ein erlerntes Verhalten. Später orientieren sich Jugendliche nach ihrer Clique. Nicht selten wird durch Gruppenzwang ein Konsum von Alkohol, Tabak oder Drogen herbeigeführt. Wer nicht mitmacht, gehört schnell nicht dazu oder ist vermeintlich nicht „cool". Andererseits können soziale Gruppen mit anderen Einstellungen die Tendenz zur Sucht wiederum abschwächen.
Der Konsum von Abhängigkeitssubstanzen oder die Ausübung der Verhaltenssucht führen zur vermehrten Ausschüttung von Dopamin im Gehirn. Dopamin ist ein körpereigener Botenstoff, der das Gefühl von Freude und Wohlbefinden bewirkt, kurzum das Belohnungssystem aktiviert. Deshalb wird die Situation oder Substanz wieder aufgesucht, die die Dopaminausschüttung fördert: die jeweilige Sucht. In diesem Zusammenhang steht auch, dass die Tendenz zur Suchtentwicklung über die Erbinformation weitergegeben wird. Viele der betroffenen Personen haben von sich aus wenig Dopamin im Gehirnstoffwechsel und versuchen, das gute Gefühl über Alkohol, andere Drogen oder Situationen zu erlangen. Aber auch andere Faktoren werden genetisch weitergegeben, nämlich die Fähigkeit, die Substanzen zu verstoffwechseln und die Wirkungsstärke.
Es liegt natürlich auch am Suchtmittel selbst, wie leicht sich eine Abhängigkeit entwickelt. Zum einen liegt es an der Verfügbarkeit. Deshalb ist die Sucht nach legalen Drogen wie Alkohol und Nikotin viel häufiger als die Sucht nach illegalen Substanzen. Zum anderen hängt es auch vom Suchtpotenzial ab. Einige Stoffe erzeugen schneller, andere langsamer eine körperliche oder psychische Abhängigkeit. Verhaltenssüchte werden weniger einfach entdeckt und können eher im Verborgenen gehalten werden als Substanzabhängigkeiten und deshalb verstärkt werden.
Sucht oder Abhängigkeit kann gegenüber den unterschiedlichsten Substanzen und Reizen bestehen. Eine Unterteilung lässt sich vornehmen in stoffgebundene Abhängigkeit und nicht stoffgebundene oder stoffungebundene Abhängigkeit. Bei einer stoffgebundenen Sucht ist der Betroffene von einer konkreten Substanz (Droge im allgemeinen Sinn) abhängig. Die wesentlichen Stoffe sind:
Bei einer stoffungebundenen Abhängigkeit wird eine Situation möglichst oft aufgesucht, die einen bestimmten Reiz darstellt und den Suchtmechanismus auslöst. Unter anderem gehören dazu:
Ganz allgemein ist eine Sucht ein immer wiederkehrendes, abnormes Verlangen nach einer Substanz oder einer Situation. Der Betroffene kann sein Verhalten in diesen Momenten nicht mehr kontrollieren. Durch das Suchtmittel erfährt der Betroffene ein Gefühl der Befriedigung. Es kommt oft zu einer Toleranzentwicklung, so dass immer größere Mengen der Substanz oder immer größere Reize notwendig sind.
Körperliche (physische) und seelische (psychische) Abhängigkeit lassen sich voneinander unterscheiden. Körperlich abhängig ist jemand, der auf das Suchtmittel angewiesen ist und es beim Absetzen zu unangenehmen körperlichen Entzugserscheinungen kommt. Dies kommt nur bei substanzgebundenen Abhängigkeiten vor. Anders ist es mit der psychischen Abhängigkeit, die bei allen Süchten vorliegen kann. Psychische Abhängigkeit ist das starke Verlangen nach der Substanz oder dem Reiz, um eine Befriedigung zu erreichen und Spannungen abzubauen.
Drogen (Suchtsubstanzen, die das zentrale Nervensystem beeinflussen) lassen sich nach ihrer Wirkung unterscheiden. So gibt es allgemein unter den Drogen stimulierende, aufputschende, stimmungsaufhellende, beruhigende, angstlösende oder halluzinogene (die Wahrnehmung verändernde) Stoffe. Vielfach treten mehrere der Wirkungen auf. Kurzfristig kommt es zu einem vom Konsumenten erwünschten Gefühl. Eine weitere mögliche Erscheinung sind Erinnerungslücken (Amnesie).
Eine Sucht birgt aber viele Gefahren. Bei den meisten substanzgebundenen Süchten sind Gesundheitsschäden vorprogrammiert. Es handelt sich um einen schädlichen Gebrauch oder Missbrauch. Im schlimmsten Fall kann es zum Tod des Konsumenten kommen, insbesondere bei einer Überdosis oder durch die chronische Entwicklung einer Folgekrankheit. Bei vielen der Substanzen (z. B. Alkohol) sind Leberschäden und Gehirnschäden die Folge übermäßigen Konsums. Praktisch jedes Organsystem und Gewebe kann aber in Mitleidenschaft gezogen werden. Die möglichen Schäden hängen von dem jeweiligen Stoff ab.
Bei Drogensucht kommen weitere Gesundheitsgefahren hinzu. Der mehrfache Gebrauch von Fixerbesteck (Injektionskanülen) auch unter verschiedenen Abhängigen kann zur Verbreitung von schweren Infektionskrankheiten führen. So kann unter anderem eine HIV-Infektion, die zu der Immunschwäche-Erkrankung AIDS führt, oder eine virusbedingte Hepatitis (Leberentzündung) weitergegeben werden.
Bei einer Substanzabhängigkeit besteht nicht selten auch eine weitere Abhängigkeit gegenüber anderen Stoffen. Hat ein Betroffener eine mehrfache Substanzsucht, so wird von einer Polytoxikomanie gesprochen.
Bei den substanzunabhängigen Süchten sind keine organischen Schäden zu erwarten (außer womöglich durch Unfälle oder ähnliches). Es stellen sich aber meist, wie bei der stofflichen Sucht, negative psychische und soziale Folgen ein. Entzugserscheinungen sind hier psychischer Natur. Die Sucht wird zum Abbau von Frust und Stress benutzt, und der Abhängige kann diese negativen Gefühle verdrängen. Die Sucht nimmt bei der Person einen zentralen Stellenwert ein, während andere Dinge sehr vernachlässigt werden. Abhängige verlieren nicht selten ihren Arbeitsplatz, geraten in hohe Schulden und möglicherweise sogar Kriminalität hinein. Die Gefahr besteht, dass sich Familienmitglieder und Freunde von der Person abwenden. Zumindest drohen heftige Konflikte im sozialen Umfeld.
Auf psychischer Ebene kann es zu Problemen wie Schlafstörungen, Depressionen, Interesseverlust und Konzentrationsschwierigkeiten kommen. Vor allem wenn schädliche Substanzen im Spiel sind, sind schwere Persönlichkeitsstörungen, Wahn und Halluzinationen beziehungsweise Psychosen möglich. Dies kann sowohl bei starkem Konsum als auch beim Entzug vorkommen. Noch lange nach dem Absetzen bestimmter Drogen kann es zu Flashbacks kommen (Wiederauftreten des Rauschzustandes mit eventuellen Halluzinationen).
Ein Phänomen, das bei einer Sucht auftreten kann, ist die Co-Abhängigkeit. Dabei handelt es sich um ein Verhalten, das Angehörige des Suchtkranken zeigen können. Co-abhängige Personen fühlen sich verpflichtet, den eigentlichen Betroffenen zu decken. Sie unternehmen alles, damit die Abhängigkeit nicht ans Tageslicht kommt. Das Verhalten des Süchtigen wird vom Co-Abhängigen gerechtfertigt. Der Versuch, die Sucht zu kontrollieren, scheitert oft. Co-Abhängigkeit bedeutet eine starke emotionale und seelische Belastung. Zudem vernachlässigen Co-Abhängige oft ihre eigenen Bedürfnisse.
Von einer Sucht Betroffene stellen sich meist aus anderen Gründen (Verletzung, Krankheit) bei einem Arzt vor. Manchmal handelt es sich um eine hohe Dosis einer Droge mit körperlichen Folgen. Oftmals versuchen Betroffene die Abhängigkeit zu verheimlichen. Der Arzt stellt dem Patienten Fragen (Anamnese). Dieses Gespräch kann sehr ausgedehnt sein. Der Arzt bringt in Erfahrung, welche Suchtmittel konsumiert werden und in welcher Menge und welchem zeitlichem Abstand. Von Interesse sind das soziale Umfeld, Familie und Berufsausübung. Mögliche psychische Folgeerscheinungen und körperliche Symptome werden in Erfahrung gebracht. An die Befragung schließen sich eventuell psychiatrische Untersuchungen an, z. B. Testverfahren. Immer wird eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Eine Blutuntersuchung ist notwendig, um mögliche Substanzen im Körper festzustellen. Je nach der Art der Droge müssen gegebenenfalls weitere Untersuchungen erfolgen.
Am Anfang steht die Erkennung durch den Betroffenen selbst oder durch andere, dass überhaupt eine Sucht vorliegt. In den meisten Fällen wird eine dauerhafte Abkehr von der Sucht erzielt, doch Rückfälle kommen häufig vor und werden teils einkalkuliert. Die Bereitschaft, die Sucht zu bekämpfen, muss beim Patienten vorhanden sein. In schweren Fällen kann eine Behandlung auf einer Klinikstation erforderlich sein.
Bei suchterzeugenden Substanzen muss oft erst einmal eine Entgiftung beziehungsweise ein Entzug erfolgen. Bei schädlichen Drogen kann es auch zunächst einmal sinnvoll sein, diese durch nicht ganz so schädliche Stoffe zu ersetzen. Beispielsweise wird es weniger gefährlich, einem Heroinsüchtigen kontrolliert ein Ersatz-Opiat zu geben.
Häufig besteht eine Suchtbehandlung aus vier Phasen. Zunächst handelt es sich um die Kontaktphase, in der der Betroffene auf den Arzt und Therapeuten trifft. Dann erfolgt der Entzug, daraufhin schließt sich die Entwöhnungsphase an. Der Patient wird in seiner Abstinenz bestärkt. Schließlich findet die Nachsorge statt, in der der Patient wieder in das Gesellschafts- und Berufsleben eingegliedert werden soll.
Im Rahmen der Therapie einer Sucht kommen verschiedenste Maßnahmen zum Einsatz. Eine Psychotherapie, beispielsweise Verhaltenstherapie, ist oft sinnvoll. Bei substanzbezogener Abhängigkeit können Medikamente erforderlich sein. Entspannungsverfahren können sich eignen, um anstatt des Suchtmittels Stress abzubauen. Angehörige sollten für den Betroffenen da sein. Selbsthilfegruppen bieten seelische Unterstützung mit Gleichgesinnten.
Die Prognose hängt von vielen Faktoren ab. Wichtig ist der eigene Wille zur Beendigung der Sucht, ein gutes soziales Umfeld sowie die Art und das Ausmaß der Sucht. Rückfälle sind bei Süchten häufig. Dies sollte kein Anlass sein, eine Therapie abzubrechen, sondern sie weiterhin fortzuführen. Bei substanzgebundenen Abhängigkeiten sind die Folgekrankheiten und Organschäden wesentlich für die Prognose. Bei allen Süchten sind psychische und soziale Nachteile für den Betroffenen zu erwarten, die durch eine angemessene Behandlung und Betreuung eingedämmt werden können.
Letzte Aktualisierung am 21.05.2021.