Warum Selbstbehauptung nicht mit Rücksichtslosigkeit zu verwechseln ist
Viele Menschen scheuen davor zurück, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu äußern und gar durchzusetzen - sie verwechseln Selbstbehauptung mit Rücksichtslosigkeit.
Durchsetzungsvermögen lässt sich erlernen
Doch wer ein offenes Wort wagt, lebt authentischer, verschafft sich Respekt und zugleich wichtige Freiräume. Beziehungen jeder Art profitieren auf lange Sicht von der Ehrlichkeit, nicht von beständiger Unterordnung und Anpassung.
In der Familie
Überraschenderweise sind Menschen, die einem nahe stehen, oft die härtesten Gegner, wenn es darum geht, die eigene Position zu vertreten. Denn gerade von ihnen will man geliebt und akzeptiert werden. Schnell wird dann ein ehrliches, berechtigtes Nein um des lieben Friedens willen heruntergeschluckt.
Warum nicht offen kommunizieren, wenn eine Forderung nicht erfüllt werden kann? Führt das zu einer Auseinandersetzung, sollte der Antwortsatz bei jeder Entgegnung kürzer ausfallen, bis am Ende ein schlichtes „Nein“ übrigbleibt. Das ist wirkungsvoller als zähe Diskussionen mit Uneinsichtigen.
Die Familie soll persönliche Entscheidungen und Standpunkte respektieren? Um sich den nötigen Respekt zu verschaffen, beginnt man das Gespräch am besten mit „Ich möchte..“, „Ich denke..“, „Ich wünsche mir…“. Sätze, die mit „Du“ anfangen, beinhalten allzu oft einen Vorwurf, der das Gegenüber in die Defensive drängt. Das birgt Eskalationsgefahr.
Entscheidungen treffen immer nur die anderen? Auch hier greift die Regel mit dem Ich-Satz: „Ich möchte heute ins Kino“ oder „In diesem Jahr wünsche ich mir einen Urlaub am Meer“. Wer den eigenen Standpunkt klar kommuniziert, rennt oft offene Türen ein.
Im Arbeitsleben
Durchsetzungsfähigkeit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für beruflichen Erfolg. Dazu gehört, einen Gedanken präzise zu formulieren und im richtigen Moment vorzubringen. Diese Kunst ist erlernbar.
In der Gehaltsverhandlung mit dem Chef gilt es, sich mit einem gezielten Rückblick auf zwei oder drei erfolgreiche Einsätze in gute Erinnerung zu bringen, um dann die Aufgaben vorzuschlagen, die man künftig, im Falle einer Höherstufung oder Beförderung, gerne übernehmen würde. Eine Ablehnung sollte mit der Bitte um einen neuen Gesprächstermin im nächsten halben Jahr quittiert werden: Beharrlichkeit und Selbstbewusstsein überzeugen letztendlich.
Will man eigene Ideen in ein Projekt einbringen, raten Experten, keinen Alleingang zu wagen, sondern der Gesprächsrunde erst eine Weile zuzuhören. Oft enthüllt sich dabei ein Verbündeter. In Meetings ist es besonders wichtig, in wenigen, kurzen, prägnanten Sätzen zu sprechen. Nur unsichere Menschen „zer-reden“ gute Gedanken, indem sie zu viel erklären, und verlieren so schnell die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer.
In der Öffentlichkeit
Viele Menschen haben Hemmungen, in der Öffentlichkeit Fremden gegenüber einen Protest oder eine Reklamation auszusprechen. Dabei ist die richtige Vorgehensweise einfach und wirkungsvoll, ohne aggressiv zu wirken:
Ein neu gekauftes Top hat sich nach der ersten Wäsche hoffnungslos verfärbt? Fachleute in Punkto Kundenservice empfehlen ein „Sandwich“-Prinzip zur Formulierung der Beschwerde: Der Feststellung, wie großartig das Oberteil ausgesehen hätte, folgt der Hinweis auf die mangelnde Farbechtheit, dann gibt man der Hoffnung Ausdruck, dass von Verkäuferseite für angemessenen Ersatz gesorgt wird. Für das Gegenüber ist es nun schwer, sich diesem Statement zu entziehen.
Wer nicht lernt, seine Wünsche und Gedanken auszusprechen, wird immer wieder enttäuscht und mit seinen Bedürfnissen oder Sorgen häufig gar nicht wahrgenommen werden. Nur glasklare, sachliche und selbstbewusste Ansagen sorgen für den nötigen Respekt und bieten die Chance zu positiven Veränderungen.