Von einer Rationalisierung spricht man, wenn sich eine Person bestimmte Erinnerungen oder Erlebnisse im Nachhinein rational zu erklären versucht. Das Bedürfnis zu einer solchen Rationalisierung kann beispielsweise daraus resultieren, dass Erlebnisse unverständlich oder vielleicht belastend erschienen. Auch können zum Beispiel Handlungen durchgeführt worden sein, die den eigenen Überzeugungen widersprechen.
Durch ein vermeintliches und nachträgliches rationales Nachvollziehen soll nun diesem Vergangenen ein Sinn verliehen werden. Dabei erfolgen Rationalisierungen meist sehr subjektiv und stimmen nicht unbedingt mit den realen Fakten überein - eine entsprechende Person konstruiert sich ein Erklärungsmodell, das ihr als nachvollziehbar erscheint und das sich mit den eigenen Überzeugungen in Einklang bringen lässt. Dabei kann es unbewusst sogar zu Erinnerungen kommen, die dem Erlebten nicht entsprechen.
Nach Sigmund Freud und den Auffassungen der Psychoanalyse ist die Rationalisierung ein sogenannter Abwehrmechanismus: Jeder Mensch verfügt danach über ein Ich, ein Über-Ich und ein Es. Das Es vertritt die angeborenen Impulse und Triebe, das Über-Ich vertritt die Werte, die ein Mensch durch Erziehung und die Gesellschaft verinnerlicht hat. Das Ich vermittelt schließlich sozusagen zwischen diesen beiden Positionen. Wenn bestimmte Impulse aus dem Es vom Über-Ich nicht akzeptiert werden können, können sie vom Ich ins Unterbewusstsein ‚verbannt‘ werden. So schützt sich das Ich vor dem Realisieren der ungewünschten Triebe des Es. Sollten diese unbewussten Triebe nun beispielsweise zu einer Handlung geführt haben, die das Ich nicht akzeptieren kann, so versucht es, dafür rationale Erklärungen zu finden. So kann das Ich ein vermeintlich seelisches Gleichgewicht bewahren.