Es gibt viele Möglichkeiten, Essstörungen zu behandeln. In der Regel werden verschiedene therapeutische Ansätze miteinander kombiniert. Zu den Essstörungen gehören Magersucht (Anorexie), Ess-Brech-Sucht (Bulimie), Essanfälle (Binge Eating Disorder) sowie starkes Übergewicht durch zu hohe Kalorienzufuhr (Adipositas).
Diese und weitere seltenere Störungen können schwere gesundheitliche Schäden anrichten oder sogar zum Tode führen. Die Basis der Behandlung von Essstörungen bilden die Psychotherapie und medizinische Maßnahmen. Bei einer Gefährdung für den Patienten ist eine stationäre Behandlung in einer Klinik angezeigt beispielsweise bei extremem Untergewicht oder extremem Übergewicht.
Die wesentlichen Essstörungen sind die:
In der Regel sind Essstörungen psychisch bedingt und führen auch zu körperlichen Problemen.
Die Magersucht (Anorexie, Anorexia nervosa) ist durch eine gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpers gekennzeichnet. Die Betroffenen fühlen sich zu dick, obwohl sie eigentlich sehr schlank oder sogar stark untergewichtig sind. Das Abnehmen hat für die Betroffenen einen großen Stellenwert. Meist sind Mädchen und junge Frauen betroffen, immer öfter leiden jedoch auch junge Männer an der Anorexie.
Die Bulimie oder Ess-Brech-Sucht beinhaltet einerseits Essanfälle, die andererseits aber durch eigenhändig ausgelöstes Erbrechen auszugleichen versucht werden. Auch andere Maßnahmen wie die Einnahme von Abführmitteln kommen vor. Eine Bulimie wird oft verheimlicht. Die Betroffenen können einen ganz unterschiedlichen Körper zwischen Normalgewicht, Untergewicht oder Übergewicht entwickelt haben.
Binge Eating Disorder ist die Bezeichnung für eine Essstörung, bei denen es ebenfalls zu Essanfällen kommt. Das Erbrechen im Anschluss fehlt allerdings im Gegensatz zur Bulimie. Belastungssituationen sind typische Auslöser von Binge Eating. Nach dem hemmungslosen Essen machen sich die Betroffenen Selbstvorwürfe.
Starkes Übergewicht (Adipositas) ist nicht notwendigerweise mit einer psychisch bedingten Essstörung verbunden, kann aber daraus entstehen. Dies wird dann als psychogene Hyperphagie bezeichnet (übermäßige Nahrungsaufnahme aus psychischen Gründen). Oftmals besteht ein Zusammenhang zum Binge Eating.
Neben diesen häufigen Problemen finden sich manchmal andere (atypische) Essstörungen, die ebenso schwere Folgen haben können.
Bei allen diesen Störungen ist eine Behandlung wichtig, um schwere gesundheitliche Schäden und weitere psychische Probleme aufzuhalten. Vor allem ist es notwendig, die psychischen Ursachen der Essstörungen zu behandeln.
Die Behandlung von Essstörungen setzt sich aus mehreren Maßnahmen zusammen (multimodaler Ansatz) und hängt von der Art der Störung ab. Dennoch hat die Therapie der verschiedenen Essstörungen einige Gemeinsamkeiten. Mit einer reinen Behandlung der körperlichen Symptomatik (Untergewicht, Übergewicht und gesundheitliche Folgen) lässt sich zwar kurzfristig eine Besserung erzielen, aber in vielen Fällen werden die Betroffenen wieder rückfällig. Deshalb sind die Essstörungen hauptsächlich eine Angelegenheit der Psychiatrie und Psychotherapie.
Eine Behandlung der Essstörung muss berücksichtigen, durch welche Umstände die Problematik entsteht und aufrechterhalten wird. Essstörungen haben starke Ähnlichkeiten zu Suchterkrankungen, da Betroffene ihr Verhalten und ihre Einstellung oft nicht ändern können. Eine Besonderheit ergibt sich dadurch, dass ein großer Teil der Betroffenen weiblich ist. Die Therapie muss an den verschiedenen Faktoren angreifen, die die Störung bedingen, so z. B. sozialen Einflüssen, an Rollenkonflikten, der Persönlichkeit, an Selbstwertproblemen, an der gestörten Wahrnehmung beziehungsweise übersteigerten Schönheitsidealen sowie an biologischen Umständen. Die Störung hat zudem eine starke Eigendynamik, ein regelrechter Teufelskreis kann entstehen. Aufgrund der Vielschichtigkeit ist eine gute Zusammenarbeit von Beratern, Ärzten, Psychologen und anderem Personal sowie zwischen den Einrichtungen notwendig.
Die Betroffenen begeben sich häufig nicht von selbst in eine Behandlung. Oft schämen sie sich für ihre Störung, vermeiden die Therapie, und bisweilen nehmen sie ihr abweichendes Essverhalten nicht als Problem beziehungsweise Störung wahr. Wichtig ist zunächst einmal die Möglichkeit einer fachgerechten Beratung, welche auch einfach zu erreichen sein muss. Zudem muss die Beratung auch für Angehörige zur Verfügung stehen, die ein gestörtes Essverhalten beobachten. Die Beratung stellt die Weichen zu einer wirklichen Therapie und vermittelt Betroffene an entsprechende Einrichtungen.
Die Beratung kann über Medien wie Telefon oder Internet erfolgen, oder Betroffene suchen persönlich eine Beratungsstelle auf. Die Beratungsstelle muss Informationen über die Essstörungen zur Verfügung stellen, sich aber auch selbst über die Probleme des Patienten informieren. Damit ist eine individuelle Hilfestellung möglich. Eine Ernährungsberatung gehört immer zur Beratung beziehungsweise zur Behandlung der Essstörungen. Selbsthilfegruppen sind eine weitere geeignete Möglichkeit, gegen die Essstörung anzugehen und sich auszutauschen.
Die eigentliche Therapie der Essstörung kann unterschiedliche Bestandteile haben. Vielfach werden Formen der Psychotherapie angewendet. Sinnvoll können unter anderem eine Psychoanalyse, eine Verhaltenstherapie, eine Gesprächstherapie oder speziellere Methoden wie das Psychodrama (Psychotherapie mit einer Art Theaterspiel) sein. Die Familienangehörigen können mit in den Behandlungsablauf einbezogen werden. In vielen Fällen ist die Gabe von Medikamenten (hauptsächlich Psychopharmaka wie Antidepressiva) angezeigt.
Weitere wichtige Maßnahmen sind der Therapievertrag, den der Patient mit dem Therapeuten abschließen muss, und ein Protokoll, in dem das Essverhalten, die entsprechenden Situationen und die Gefühle eingetragen werden müssen. Ein Mindestmaß an Motivation ist für die Therapie notwendig. Der Patient muss in kontrolliertem Rahmen allmählich an Gewicht zunehmen oder abnehmen, falls es zu weit außerhalb des Normalbereiches liegt. In bedrohlichen Fällen muss eine Behandlung aber auch gegen den eventuellen Widerstand des Patienten durchgeführt werden. Wenn die Notwendigkeit besteht, muss eine medizinische Behandlung erfolgen. Schlimmstenfalls werden bei einer schweren Anorexie Nährstoffe per Magensonde oder Infusionen zugeführt. Schließlich muss der Patient lernen, sein Essverhalten selbst unter Kontrolle zu haben und nicht wieder rückfällig hinsichtlich der Essstörung zu werden.
Die Essstörungen können ambulant behandelt werden, in schweren Fällen ist eine stationäre Aufnahme in eine Klinik oder in eine spezielle Einrichtung (therapeutische Wohngemeinschaft) notwendig. Teils handelt es sich um Einzelbehandlungen, teils um eine Gruppentherapie. Oft hat die Familie einen Anteil an der Behandlung, speziell als Familientherapie oder in Form von Angehörigengruppen.
Der Patient wird anfangs untersucht im Hinblick auf die körperlichen Auswirkungen und auf psychische Auffälligkeiten. Der Body-Mass-Index (BMI, Körpermasse-Index) wird bestimmt, welcher eine Aussage über Untergewicht (BMI unter 18,5 beziehungsweise bei Anorexie unter 17,5) oder Übergewicht (Adipositas = starkes Übergewicht besteht bei einem BMI über 30) zulässt.
Dann stellen Therapeut und Patient einen Behandlungsplan auf, zu dem auch das zu erreichende Gewicht gehört. In ein Diagramm werden die Werte für das Körpergewicht immer im Zeitverlauf eingetragen. Zur Behandlung gehören immer wieder Sitzungen mit geeigneter Psychotherapie oder weiteren unterstützenden, pädagogischen und therapeutischen Maßnahmen. Gegebenenfalls erfolgt eine medizinische Behandlung, um die Folgen eines starken Unter- oder Übergewichts gering zu halten.
Im Anschluss an eine stationäre Therapie ist eine ambulante Nachsorge notwendig, um Rückfälle zu verhindern.
Die Therapie ist bei Essstörungen ab einem gewissen Grad unabdingbar. Probleme ergeben sich eher durch den oft vorliegenden Mangel an Bereitschaft, den Zustand zu ändern. Der Gesundheitszustand und die psychische Verfassung können zu kritischen Situationen führen. Dennoch können Nebenwirkungen, die durch die Therapie bedingt sind, nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
Bestimmte Anteile der Therapie haben eigene Risiken, wie die Medikamente, die ärztliche Behandlung oder die Psychotherapieformen. Da viele Betroffene nur eine geringe Motivation haben, die Therapie erfolgreich durchzuführen, sind Abbrüche im Vergleich zu Patienten mit anderen Störungen häufig.
Allgemein gehören Essstörungen zu den schwierig zu therapierenden psychischen Problemen. Die Heilungsaussichten sind heutzutage aber günstig, sofern rechtzeitig mit einer Behandlung begonnen wird. Andererseits ist eine Essstörung eine langwierige Erkrankung. Besonders ungünstig ist die Prognose der Anorexie (Magersucht), die in 10 bis 15 Prozent der Fälle sogar zum Tod führt. Auch die anderen Essstörungen können zu erheblichen Gesundheitsproblemen und zu weiteren psychischen Belastungen führen. Nach einer Behandlung ist die Gefahr außerdem recht groß, dass Betroffene rückfällig werden.
In der Regel werden bei Essstörungen psychotherapeutische und weitere Maßnahmen von der Krankenversicherung gezahlt. Der Patient sollte eine angemessene Therapiemotivation mitbringen. Es hängt zum großen Teil am Patienten selbst, ob ein dauerhafter Therapieerfolg erzielt werden kann.
Letzte Aktualisierung am 25.05.2021.