Nach einer umfangreichen Langzeit-Untersuchung konnte Reiss schließlich die Ergebnisse im Jahre 2000 veröffentlichen. Daraus ging hervor, dass die verschiedenen 16 Motive jedes für sich steht und ihre Wirkung auch jeweils einzeln nehmen. Allerdings können auch situationsbedingt mehrere Motive gleichzeitig wirken und sich gemeinsam positiv verstärken, aber auch abschwächen oder blockieren.
Je nach Lebenslage sind die Lebensmotive also unterschiedlich in ihrer Wirkung und in manchen Situationen mag es dazu kommen, dass mehrere Motive gleichzeitig wirken, indem sie sich gegenseitig verstärken, was dann wohl auch zu einer höheren Motivation führt. Da sie aber auch gemeinsam auf eine Situation abschwächend wirken können, ist es naheliegend, weshalb es häufig zur Demotivation kommt. In solchen Fällen werden die Situationen nicht mit den ureigenen Persönlichkeitsmerkmalen übereinstimmen und die Motive sorgen dafür, dass der notwendige Antrieb verschwindet.
Man kennt dieses Phänomen etwa bei Schülern, die in manchen Fächern besonders gut sind, in anderen hingegen eher mäßig bis schlecht. In der Regel liegt hier auch ein entsprechendes Interesse zu Grunde. Dinge, die einen interessieren oder begeistern, gehen einfach wesentlich besser von der Hand, wie Dinge, die einen eher langweilen.
Die Motive sind alle 16 an der Zahl bei jedem Menschen vorhanden. Unterschiedlich ist die Wirkungsweise, denn dies hängt von der Persönlichkeit ab. Also ob ein Motiv besonders stark vertreten ist, oder eher nebensächlich, ist eine Frage der Persönlichkeit und ein Merkmal der Individualität. Auch ist es natürlich abhängig von Situationen, in denen möglicher Weise ein Motiv stärker wirkt, wie in anderen Situationen. Letztlich überdauern sie aber die Zeit und sind immer auf die mehr oder weniger selbe Weise wirksam. Veränderungen in den Motiven gibt es kaum.
Das Reiss Profile wertet weder die Persönlichkeit, noch die 16 Lebensmotive. Sie sind da und Bestandteil eines Menschen. Es geht nicht darum, festzustellen, ob ein Motiv gut oder schlecht ist, oder ob der Mensch mit den Motiven eine besondere Wirkung nimmt oder nicht. Es geht letztlich nur darum, für sich die besten Optionen aus den Motiven und dem Wissen über sie herauszufiltern, um leichter sinnvolle und erfolgsorientierte Entscheidungen treffen zu können, oder besser mit anderen Menschen und sich selbst umzugehen.
Individuell wirken die 16 Lebensmotive und machen somit auch eine einzigartige Persönlichkeit machbar. Wenn auch jeder Mensch das Lebensmotiv der Familie in sich trägt, ist die Wirkungsweise nicht grundsätzlich die selbe.
Grob kann man sagen, es gibt Menschen, die ein sehr starkes Familienmotiv haben und denen es wichtig ist, mit ihrer Familie und ihren Kindern viel Zeit zu verbringen. Anders gibt es natürlich auch Menschen, die viel Wert auf ihre Unabhängigkeit legen und denen es nicht einfallen würde, sich Kinder und einen Lebensgefährten anzuschaffen. Das ist aber nicht die einzige Differenzierung. Wie man weiß, gibt es nie nur weiß und schwarz, sondern viele Graustufen zwischendrin.
So kann es sein, dass bei einem Menschen das Familienmotiv durchaus stark ausgeprägt ist, dieser allerdings dennoch viel Wert auf die Unabhängigkeit legt. Dieser Mensch wird wohl kaum eine besonders große Familie anstreben, es wird ihm auch nicht wichtig sein, wo es die nächste Krabbelgruppe gibt, ihm sind aber seine Kinder und der Partner unglaublich wichtig.
Man kennt vielleicht auch die Aussage, dass jemand eine typische Mutter ist. Das sind dann vermutlich Menschen, die tatsächlich in der Aufgabe, eine Familie zu bewirtschaften aufgehen. Sie sind glücklich, wenn ihre Lieben um einen herum sind, wenn man mit dem Partner und den Kindern gemeinsam einen Tag auf einem Spielplatz verlebt und anschließend gemeinsam grillen kann.
Hingegen Menschen, die ein eher weniger stark ausgeprägtes Familienmotiv haben sich darüber freuen, ihre Familie zu sehen und sicher zu wissen, dass alle eine Beschäftigung für sich finden. Es ist ihnen eher wichtig, dass die grundsätzlichen Belange der Familie gedeckt sind, sie sind aber nicht besonders daran interessiert, mit der Familie viel Zeit zu verbringen.
Menschen, mit ähnlichen Ausprägungen der Motive, werden sich am ehesten zusammenschließen, da sie mit ihren Gemeinsamkeiten auch besonders gut Verständnis für einander aufbringen können. Wenn auch die einzelnen Motive bei jedem Menschen vorhanden sind, ist die Ausprägung ein wesentlicher Punkt, den man beachten sollte.
So wie man sich selbst mit gewissen Dingen besonders stark beschäftigt und andere möglichst ignoriert, so liegt auch die Aufmerksamkeit auf allem, was im Zusammenhang mit einem besonders stark ausgeprägten Lebensmotiv steht.
Menschen mit einer besonders stark ausgeprägten Affinität zu Essen werden beispielsweise besonders gut kochen können und gerne verschiedene Rezepte ausprobieren, während Menschen, die nur essen, damit sie nicht verhungern, vermutlich kaum Lust zum Kochen haben und wenn sie es schon tun müssen, nur das kochen, was besonders wichtig ist.
Ähnlich ist es bei Menschen, die besonders stark leistungsmotiviert sind, dass diese in ihren geschäftlichen Belangen aufgehen, glücklich sind und so viel leisten, wie nur möglich. Manche nehmen die Arbeit mit ins Privatleben und sehen in beinahe jeder Situation eine potenzielle Geschäftsmöglichkeit. So würde natürlich jemand, mit nur äußerst geringer geschäftlicher Ausprägung kaum denken und jemand, der ein sehr geringes Leistungsmotiv hat, wird womöglich noch nicht einmal daran denke, überhaupt aufzustehen, um etwas zu vollbringen.
Natürlich gibt es abgesehen von einigen Extremen auch immer Menschen, die als Mittel zum Zweck das eine oder andere Lebensmotiv stärker verfolgen. So ist vielleicht ein Mensch, der ein besonders starkes Familienmotiv hat, auch geschäftlich stark engagiert und erfolgreich. Nur ist diesem dieser Erfolg wichtig, um der Familie dies zu bieten, was er für sie vorgesehen hat.
Hingegen ein Mensch, der besonders stark an sozialen Kontakten hängt vielleicht einen beruflichen Erfolg hat, weil er damit seine Partys finanzieren kann, aber auch kaum mehr tut, als nötig, um seinem Lebensmotiv gerecht zu werden.
Grundsätzlich hängen die Vorgehensweisen stark im Zusammenhang mit der besonders stark ausgeprägten Motivation, die natürlich bei jedem Menschen anders intensiv und mit unterschiedlichen Beweggründen zusammenhängen können. Jedoch wird immer auf etwas im Leben das Hauptaugenmerk gelegt und dieses ein Leben lang verfolgt. Das ist das Lebensmotiv, welches den Sinn und den Ansporn bietet, besonders starke Leistungen zu erbringen.
Wer sein dominierendes Lebensmotiv kennt, wird womöglich wesentlich besser sich selbst verstehen können. Aber auch andere Menschen mit expliziten Lebensweisen, die einen womöglich sogar abschrecken, sind einfacher in ihrem Handeln zu verstehen, wenn man weiß, wofür sie es tun.
So ist ein sehr statusbezogener Mensch häufig dazu fähig, Dinge in Kauf zu nehmen, die Menschen, welche eine wesentlich geringere Prägung des Status-Motivs haben kaum nachvollziehen können. Ob das im populären Stil die C-Promis sind, welche sich auf ein Dschungel-Abenteuer einlassen, um von der ganzen Welt beobachtet zu werden, oder ob es ein Mann ist, der gerade seinen Job verloren hat und mehr vorgibt, als er ist.
Es ist nicht zwingend so, dass jemand, der mit Ansehen in seiner Umwelt belohnt wird, auch dieses Status-Motiv in starker Ausprägung hat. Deshalb wirken auch diese Menschen, mit einer Menge Hab und Gut nicht zwingend sonderlich glücklich, denn es ist so manches Mal gar nicht das, was sie in erster Linie anstreben.
Lebensmotive können dafür sorgen, dass man Wege eingeht, die andere Menschen für eher unangemessen halten. Es gibt Eltern, die es nicht mögen, mit Vater und Mutter angesprochen zu werden, weil sie ein besonders unausgeprägtes Familienmotiv haben. Es gibt Menschen, mit einem äußerst stark ausgeprägten Machtmotiv, die bereit sind dafür auch über Leichen zu gehen und es gibt Menschen, die mit einem äußerst quantitativen Lebensmotiv ausgestattet sind, wenn es ums Sammeln und Sparen geht.
Manche Menschen machen hier kaum einen Unterschied, ob das, was sie besitzen von Wert ist oder sinnvoll ist und andere wiederum besitzen gerne eine bestimmte Sache, sind also eher qualitative Sammler.
Abgesehen von zwei Lebensmotiven, nämlich dem Essen und der Schönheit, sind alle Lebensmotive bipolar. Man unterscheidet zwischen Qualität und Quantität. Je nachdem, welche Seite stärker ausgeprägt ist, bestimmt sich auch die Art der Äußerung des Lebensmotivs.
Letzte Aktualisierung am 28.05.2021.