Das Asperger-Syndrom oder Asperger-Autismus ist eine leichte Form des Autismus. In der Regel sind Betroffene normal bis überdurchschnittlich intelligent und können normal sprechen, haben aber Schwierigkeiten beim Umgang mit anderen Menschen. Betroffene können beispielsweise Mimik und Gestik nicht gut deuten und können sich selbst mit der Körpersprache nicht gut ausdrücken. Sie wirken emotional distanziert und eigensinnig. Sie können Probleme mit manchen alltäglichen Dingen haben.
Typisch ist, dass sie eng umschriebene starke Interessensgebiete haben, die auf andere Personen oft ungewöhnlich bis verschroben wirken. Männer beziehungsweise Jungen sind wesentlich häufiger vom Asperger-Syndrom betroffen als Mädchen beziehungsweise Frauen, das Geschlechterverhältnis beträgt etwa 8:1. Bei vielen Betroffenen bleibt das Syndrom unerkannt. Eine Behandlung ist nicht immer notwendig, es kann eine Psychotherapie (Verhaltenstherapie) durchgeführt werden. Auch Medikamente können sinnvoll sein.
Die genauen Ursachen für den Asperger-Autismus sind unklar. Vermutet wird eine Vererbung von Faktoren, die zu einem Asperger-Syndrom führen können. Möglicherweise ist auch eine Entwicklungsstörung des Gehirns verantwortlich. Denkbar ist, dass eine Schädigung im Mutterleib oder während der Geburt entsteht. Ein Hirngebiet, das für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist, ist weniger aktiv als bei anderen Menschen. Das Zusammenwirken bestimmter Hirnbereiche funktioniert schlechter als bei nicht Betroffenen. Ebenfalls diskutiert wird, dass Betroffene im Mutterleib einer erhöhten Konzentration von Testosteron (männliches Geschlechtshormon) ausgesetzt waren. Das würde sich mit der Gegebenheit decken, dass viel mehr männliche Personen das Asperger-Syndrom haben und viele „typisch männliche" Persönlichkeitszüge haben. Des Weiteren kann das Umfeld in der Kindheit eine Rolle spielen.
Ein Asperger-Syndrom fällt auf den ersten Blick oft gar nicht auf. Sie haben normalerweise eine mittlere bis hohe Intelligenz - manche von ihnen sind hochbegabt - und ein gutes Sprachvermögen. Doch dafür zeigen sich beim Asperger-Syndrom mangelnde Fähigkeiten in sozialen Situationen sowie einige weitere Auffälligkeiten, die Außenstehenden sonderbar erscheinen. Dies kann zu Problemen im alltäglichen Bereich führen. Das Syndrom zeigt sich ab einem Alter von etwa drei bis fünf Jahren. Es bleibt lebenslang bestehen, der Betroffene kann aber lernen, mit seinen Defiziten zurechtzukommen.
Eine Reihe von Merkmalen sind typisch für Menschen mit Asperger-Syndrom. Schwierigkeiten zeigen sich bei sozialen Kontakten. Die Betroffenen können die Körpersprache (Mimik, Gestik) von anderen Menschen nicht intuitiv deuten. Sie selbst zeigen ebenfalls einen Mangel an Körpersprache, so dass sie auf andere mitunter emotionslos wirken. Beim Gespräch schauen Betroffene dem Gegenüber oft nicht in die Augen. Personen mit Asperger-Syndrom können sich nicht in die Gefühlswelt anderer hineinversetzen („Gefühlsblindheit"). Sie interessieren sich nicht für Konversationen mit für sie belanglosen Dingen, so genannten Small Talk. Sie drücken sich dafür oft sehr gehoben aus, können aber nicht gut unterscheiden, was für das Gegenüber von Interesse ist. All das erschwert es für sie, freundschaftliche Kontakte aufzubauen, einen Partner zu finden und eine Beziehung zu führen. Auch im beruflichen Umfeld sowie auch schon bei Vorstellungsgesprächen haben sie Schwierigkeiten.
Menschen mit Asperger-Syndrom haben ein oder mehrere starke Interessensgebiete, denen sie leidenschaftlich nachgehen. Viele der Interessen wirken auf „normale" Menschen uninteressant oder schräg. Mögliche Beispiele sind die intensive Beschäftigung mit Autokennzeichen, den lateinischen Namen von prähistorischen Tieren oder das Sammeln von Schiffsmodellen - jeder „Asperger" hat seine ganz eigenen Vorlieben. Sie erwerben in diesen Themengebieten ein enormes Wissen, während sie andere, für sie uninteressante Bereiche nicht beachten. Personen mit Asperger-Syndrom lesen üblicherweise lieber Sachbücher als Romane. Redewendungen werden oft wörtlich genommen, den übertragenen Sinn verstehen sie häufig nicht.
Betroffene richten sich meist nach ihren eigenen Routinen und haben Schwierigkeiten damit, wenn etwas einmal nicht nach ihren Vorstellungen abläuft. Mit vielen Gegebenheiten sind sie sehr penibel. Weiterhin haben viele Betroffene mit Asperger-Syndrom motorische Schwierigkeiten. Sie wirken oft ungeschickt. Andererseits können Fertigkeiten eingeübt werden und besonders dann perfektioniert werden, wenn sie zu einem bevorzugten Beschäftigungsgebiet gehören. Einige Menschen mit Asperger-Autismus können Sachen vernachlässigen, die für andere wichtig sind wie eine ordentliche und passende Bekleidung.
Die Ausprägung des Syndroms ist unterschiedlich, manche kommen gut mit ihrem Leben zurecht und finden eine soziale und berufliche Nische. Andere benötigen eine Hilfestellung bei Dingen, die außenstehenden Menschen als alltäglich und einfach erscheinen.
Das Asperger-Syndrom wird anhand einer Reihe von Kriterien diagnostiziert, von denen ein bestimmter Anteil auf die Person zutreffen muss. Dazu erfolgt ein Gespräch zwischen Arzt und Patient. Der Arzt beobachtet das Sozialverhalten und fragt nach Interessensgebieten und auch nach möglichen Vorerkrankungen. Das Gespräch des Untersuchers mit Eltern oder anderen Angehörigen des Patienten kann von großer Bedeutung sein. Mit verschiedenen Fragebögen und psychologischen Tests kann der Verdacht auf das Syndrom konkretisiert werden.
Der Asperger-Autismus ist nicht immer leicht zu erkennen. Ähnliche Merkmale können sich auch bei Zwangsstörungen, bestimmten Persönlichkeitsstörungen oder Schizophrenie. Auch ist der Übergang zur Normalität fließend, sicherlich könnten einige Wissenschaftler, Außenseiter, „Nerds" oder „Geeks" als Asperger diagnostiziert werden.
Bei Menschen mit Asperger-Syndrom, die zufrieden sind, sozial gut aufgehoben sind, im Alltag und Beruf gut zurechtkommen, ist meist keine Therapie notwendig. Fühlt sich der Betroffene aber im Leben beeinträchtigt und hat Beschwerden, so kann eine Behandlung sinnvoll sein.
Die Therapie besteht meist aus mehreren Methoden. Eine Psychotherapie wird häufig vorgenommen, insbesondere eine Verhaltenstherapie. Verhaltensmaßnahmen etwa für die nonverbale Kommunikation (Körpersprache) und das Zusammenleben mit anderen Menschen können eingeübt werden. Ebenso kann die Anwendung von Small Talk erlernt werden. Im Gegenzug können ungünstige Verhaltensweisen wie starre Routinen abtrainiert werden. Eine Hilfe können Eltern, andere Familienmitglieder und Freunde bieten. Wichtig ist die Akzeptanz der Personen im Umfeld, dass der Betroffene die Welt anders wahrnimmt und anders reagiert als sie selbst.
Manchmal kommen auch Medikamente zum Einsatz, meist bei bestimmten Störungen, die zusätzlich zum Asperger-Syndrom vorhanden sind.
Das Asperger-Syndrom ist nicht heilbar, aber die Symptomatik verbessert sich oft mit den Lebensjahren. Die Schwierigkeiten im Alltagsleben können überwunden werden und die Lebenssituation verbessert werden, wozu gegebenenfalls eine Hilfestellung und Therapie notwendig ist. Viele fassen in geeigneten Berufen Fuß, in denen sie ihr Spezialwissen anwenden können. Einige können auch in einer zufriedenstellenden Partnerschaft leben.
Letzte Aktualisierung am 31.05.2021.