Projektive Persönlichkeitstests sind besondere Verfahren, die Persönlichkeit eines Menschen zu untersuchen. Die Persönlichkeit wird dabei nicht wie bei den herkömmlichen Tests anhand von Fragebögen ergründet, sondern anhand mehrdeutiger Bilder oder Materialien. Der bekannteste projektive Test ist der Rorschach-Test, bei dem es sich um eine Reihe von Bildern aus Tinten- und Farbklecksen handelt, welche der Proband deuten soll. Neben dem Rorschach-Test können andere projektive Verfahren zum Einsatz kommen, beispielsweise auch zur Darstellung einer Situation anhand von Figuren. Bei den projektiven Tests wird ausgenutzt, dass ein Mensch immer etwas von seiner Persönlichkeit und Gefühlswelt in die Objekte hineinprojiziert. Solche Testverfahren können daher sehr aufschlussreich sein. Kritiker bemängeln aber, dass projektive Tests nicht objektiv und allgemeingültig interpretiert werden können.
Projektive Persönlichkeitstests werden von Psychologen, Psychiatern und Psychotherapeuten genutzt. Mit solchen Testverfahren können erfahrene Untersucher Hinweise auf mögliche psychische Störungen bekommen. Durch die Tests können Vermutungen über die Persönlichkeit des Patienten angestellt werden. Im Sinne der Psychoanalyse können sie aufzeigen, welche Probleme, Konflikte und Emotionen im Inneren des Patienten vorgehen. Da die projektiven Tests keine messbaren und für alle Situationen gültigen Aussagen erlauben, gehören sie nicht zu den Standarduntersuchungen in der psychischen Diagnostik. Sie können aber nützlich sein, einen Zugang zu Patienten und ihren Problemen zu finden, die mit herkömmlichen Methoden nicht ohne weiteres zu erkennen sind.
Wesentlich für die projektiven Tests ist der Umstand, dass jeder Mensch Aspekte seiner Persönlichkeit und der psychischen Lage in Objekte der Umgebung hineinversetzt (projiziert). Das ist auch dann der Fall, wenn der Patient die psychischen Eigenschaften bei sich selbst nicht bemerkt. Bilder und Gegenstände werden zum Teil auf eine bestimmte Weise interpretiert, woran häufig der Untersucher mögliche psychische Störungen erkennen kann. Bei anderen Tests ist es eine Anordnung von Objekten durch den Patienten oder eine Zeichnung, die Hinweise in eine bestimmte Richtung von psychischen Konflikten geben kann. Um die projektiven Tests gut beurteilen zu können, ist eine weitreichende Erfahrung des Untersuchers notwendig.
Projektive Tests laufen nicht einheitlich ab. Je nach dem Test muss der Patient oder Proband mehrdeutige Bilder oder Gegenstände interpretieren oder selbst etwas Kreatives anfertigen. Es finden sich viele Möglichkeiten für projektive Testverfahren. Im Folgenden werden einige häufig vorgenommene projektive Persönlichkeitstests beschrieben.
Der Rorschach-Test ist der wohl bekannteste projektive Test. Der Rorschach-Test besteht aus einer Reihe von Bildtafeln mit bestimmten schwarzen oder farbigen Flecken. Es handelt sich nicht um konkrete Bilder, sondern die Kleckse lassen verschiedenartige Deutungen zu. Der Patient soll beschreiben, was er auf den Bildern erkennt. Vielfach werden Menschen, Tiere oder bestimmte Gegenstände als Antworten gegeben. Der Untersucher bewertet die Antworten des Patienten genau und erhält Hinweise auf psychische Besonderheiten des Patienten.
Der thematische Apperzeptionstest ist ebenfalls ein Test mit einer Reihe von Bildtafeln. Sie sind schwarz-weiß und stellen undeutlich Gegebenheiten dar. Der Patient muss sich zu den einzelnen Bildern möglichst spannende Geschichten ausdenken. Wie beim Rorschach-Test wertet der Untersucher die Aussagen des Patienten aus und kann Hinweise auf psychische Störungen bekommen.
Der Sceno-Test besteht aus vielen Figuren (Personen, Tiere, bestimmte und unbestimmte Gegenstände). Der Patient (meist ein Kind) soll die Figuren so anordnen, dass sie eine Szene darstellen. Die Anordnung wird vom Untersucher gedeutet. Dabei spielt auch der Symbolgehalt der Figuren eine Rolle.
Der Wartegg-Zeichentest gibt acht verschiedene Bögen vor, auf denen wenige Punkte, Striche oder Symbole als Anfänge einer Zeichnung zu sehen sind. Diese soll der Proband weiterzeichnen, so wie er es möchte. Aus der Vervollständigung der Zeichnung können Aspekte der Persönlichkeit, der Kreativität, der Motivation und des Geistes abgelesen werden.
Der Patient wird beim Test Familie in Tieren dazu angehalten, Familienmitglieder als Tiere zu zeichnen. Auch diese Zeichnung kann vom Untersucher ausgelegt werden, wodurch psychische Störungen, Konflikte und Konstellationen im Umfeld zum Vorschein kommen können. Eine Abwandlung ist beispielsweise der Test Familie in Bäumen.
Den projektiven Tests werden relativ viele Kritikpunkte entgegengebracht. So handelt es sich allgemein um unbestimmte Tests. Bestimmte Antworten oder Ausführungen haben nicht immer die gleiche Bedeutung auch bei anderen Menschen, sondern müssen immer auf den einzelnen Probanden bezogen werden. Damit ist der Test nicht grundsätzlich zuverlässig. Eine falsche Deutung der projektiven Tests durch den jeweiligen Untersucher ist möglich. Auf keinen Fall können die Tests alleine herangezogen werden, um die Persönlichkeit eines Menschen zu bestimmen. Trotzdem können die Aussagen oder Ausführungen in den projektiven Tests für den Untersucher wertvoll sein, um weitere Indizien für eine Diagnose zu bekommen.
Die projektiven Tests sollten nur eine Ergänzung zur klassischen psychiatrischen Diagnostik darstellen. Hier können unter anderem das Untersuchungsgespräch, die Beobachtung des Verhaltens und spezifischere Testmethoden sinnvoll sein.
Letzte Aktualisierung am 28.05.2021.